Historia Occidentalis

Ein Magazin zur Zentraleuropäischen Geschichte

Monat: Februar 2020

Die Schlussakte der KSZE

1.August 1975 in Helsinki: Europäische Sicherheitskonferenz – Während der Abschlusssitzung der 3. Phase der Europäischen Sicherheitskonferenz am 1.8.1975 in der Finlandia-Halle in Helsinki unterzeichneten die Delegationsleiter der 35 an der Konferenz beteiligten Staaten das Hauptdokument der Konferenz. V.l.n.r.: Helmut Schmidt, Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, Erich Honecker, Erster Sekretär der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, Gerald Ford Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Bruno Kreisky, Bundeskanzler der Republik Österreich.

Vorhergehender Beitrag: Genesis der Neuen Ostpolitik


Die Delegation der DDR die vom Ersten Sekretär des ZK der SED Erich Honecker (1.v.r.), geleitet wird. (Neben E. Honecker v.r.n.l. H. Axen, O. Fischer, S. Bock und H. Oelzner).

Die neue deutsche Ostpolitik (siehe Webseite “Texte und Dokumente zur Deutschen Geschichte ab 1871 des Verfassers, im Aufbau) hatte in der Zeit zwischen 1970 und 1973 erste völkerrechtliche Verträge zwischen Deutschland und den osteuropäischen Nachbarn verwirklicht.

Schon in den 60er Jahren hatte es Bestrebungen und Vorschläge zu einer ständigen europäischen Sicherheitskonferenz gegeben, so wurde am 5. Juli 1966 bei der Tagung des Politischen Beratenden Ausschusses (PBA) des Warschauer Paktes in Bukarest eine „Deklaration über die Festigung des Friedens und der Sicherheit in Europa“ mit dem Vorschlag zur Einberufung einer „Konferenz über Fragen der Europäischen Sicherheit“ verabschiedet. Da die Zielsetzung des Warschauer Paktes hierbei unverkennbar ein Herausdrängen der USA aus Europa bedeutete, kam das Projekt jedoch zuerst nicht recht von der Stelle.

Am 11. April 1969 erklärten die NATO-Minister in Washington sich bereit, mit den osteuropäischen Staaten Themen für Verhandlungen zu erörtern und alle Regierungen mit politischer Verantwortung in Europa müssten daran teilnehmen. Am 9. Mai 1969 folgte ein Memorandum der finnischen Regierung mit dem Angebot, die Konferenz und die Vorbereitungstreffen in Helsinki abzuhalten. Am 1. März 1971 gab es ein erstes Treffen des „Unterausschusses KSZE“ des Politischen Komitees im Rahmen der Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ) der Staaten der Europäischen Gemeinschaften in Paris. Am 10. Dezember 1971 erklärten sich die NATO-Minister in Brüssel bereit zu multilateralen KSZE-Verhandlungen bei Abschluss des Viermächteabkommen über Berlin. …

Nach zweijährigen Verhandlungen vom 18. September 1973 bis zum 21. Juli 1975 in Genf wurde am 1. August 1975 die KSZE-Schlussakte in Helsinki unterschrieben. Die unterzeichnenden Staaten verpflichteten sich in dieser Absichtserklärung zur Unverletzlichkeit der Grenzen, zur friedlichen Regelung von Streitfällen, zur Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten sowie zur Wahrung der Menschenrechte und Grundfreiheiten. Außerdem wurde die Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft und Umwelt vereinbart. In Folgekonferenzen sollte die Umsetzung der KSZE-Schlussakte in den einzelnen Staaten geprüft werden.

WIKIPEDIA – KSZE
Erich Honecker und Bundeskanzler Helmut Schmidt

Der Text der Schlussakte (PDF)

Die Teilnehmerstaaten der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa,
Unter Bekräftigung ihres Zieles, bessere Beziehungen untereinander zu fördern sowie Bedingungen zu gewährleisten, unter denen ihre Völker in echtem und dauerhaftem Frieden, frei von jeglicher Bedrohung oder Beeinträchtigung ihrer Sicherheit leben können;
Überzeugt von der Notwendigkeit, Anstrengungen zu unternehmen, um die Entspannung im universellen Sinne sowohl zu einem dauerhaften als auch zu einem immer lebensfähigeren und umfassenderen Prozeß zu machen und überzeugt davon, dass die Durchführung der Ergebnisse der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa ein bedeutender Beitrag zu diesem Prozess sein wird;

In der Erwägung, dass die Solidarität zwischen den Völkern sowie das gemeinsame Anliegen der Teilnehmerstaaten, die Ziele zu erreichen, wie sie von der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa gesetzt worden sind, zur Entwicklung besserer und engerer Beziehungen untereinander auf allen Gebieten und damit zur Überwindung der aus dem Charakter ihrer früheren Beziehungen herrührenden Konfrontation sowie zu besserem gegenseitigem Verständnis führen sollten;
Eingedenk ihrer gemeinsamen Geschichte und in der Erkenntnis, dass die vorhandenen gemeinsamen Elemente ihrer Traditionen und Werte bei der Entwicklung ihrer Beziehungen dienlich sein können, und von dem Wunsch geleitet, unter voller Berücksichtigung der Eigenart und Vielfalt ihrer Standpunkte und Auffassungen, nach Möglichkeiten zu suchen, ihre Bemühungen zur Überwindung des Misstrauens und zur Vergrößerung des Vertrauens zu vereinigen, die Probleme, die sie trennen, zu lösen und zum Wohl der Menschheit zusammenzuarbeiten;
In der Erkenntnis der Unteilbarkeit der Sicherheit in Europa sowie ihres gemeinsamen Interesses an der Entwicklung der Zusammenarbeit überall in Europa und untereinander sowie unter Bekundung ihrer Absicht, weiterhin entsprechende Anstrengungen zu unternehmen;
In der Erkenntnis der engen Verbindung zwischen Frieden und Sicherheit in Europa und in der ganzen Welt und im Bewusstsein der Notwendigkeit, dass jeder von ihnen seinen Beitrag zur Festigung des Friedens und der Sicherheit in der Welt und zur Förderung der
Grundrechte, des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts und des Wohlergehens aller Völker leistet;
Haben folgendes angenommen: …


Formal war das Dokument folgendermaßen gegliedert:

  • Abschnitt 1 behandelt „Fragen der Sicherheit in Europa“, gegliedert in eine Erklärung von zehn Leitprinzipien der Beziehungen der Teilnehmerstaaten und deren Erläuterung sowie ein Dokument über vertrauensbildende Maßnahmen im militärischen Bereich. Die zehn Prinzipien waren:
  1. Souveräne Gleichheit, Achtung der der Souveränität innewohnenden Rechte
  2. Enthaltung von der Androhung oder Anwendung von Gewalt
  3. Unverletzlichkeit der Grenzen
  4. Territoriale Integrität der Staaten
  5. Friedliche Regelung von Streitfällen
  6. Nichteinmischung in innere Angelegenheiten
  7. Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten, einschließlich der Gedanken-, Gewissens-, Religions- und Überzeugungsfreiheit
  8. Gleichberechtigung und Selbstbestimmungsrecht der Völker
  9. Zusammenarbeit zwischen den Staaten
  10. Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen nach Treu und Glauben
  • Abschnitt 2 behandelt die Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft, Technik und Umwelt
  • Abschnitt 3 beschäftigt sich mit Fragen der Sicherheit und Zusammenarbeit im Mittelmeerraum; hierzu waren in der zweiten Konferenzphase Ansichten und Vorschläge der nicht an der Konferenz teilnehmenden MittelmeerAnrainer Algerien, Ägypten, Israel, Marokko, Syrien und Tunesien gehört worden.
  • Abschnitt 4 schließlich behandelt Grundsätze der Zusammenarbeit in humanitären und kulturellen Bereichen.
  • Außerdem enthält die Schlussakte eine Präambel sowie einen Schlussteil mit dem Titel „Folgen der Konferenz“, der die Willensbekundung der Teilnehmerstaaten zur Anwendung der Konferenzbeschlüsse enthält sowie die Verabredung zur Fortsetzung des Konferenz-Prozesses in Nachfolgekonferenzen.
Die Schlussakte

Signatarmächte waren die Vertreter Belgiens, Bulgariens, Dänemarks, der Deutschen Demokratischen Republik, der Bundesrepublik Deutschland, Finnlands, Frankreichs, Griechenlands, des Heiligen Stuhls, Irlands, Islands, Italiens, Jugoslawiens, Kanadas, Liechtensteins, Luxemburgs, Maltas, Monacos, der Niederlande, Norwegens, Österreichs, Polens, Portugals, Rumäniens, San Marinos, Schwedens, der Schweiz, Spaniens, der Tschechoslowakei, der Türkei, Ungarns, der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, des Vereinigten Königreichs, der Vereinigten Staaten von Amerika und Zyperns.

Dunkelgrün: Schlussakte von Helsinki und Pariser Charta unterzeichnet
Hellgrün: Schlussakte von Helsinki unterzeichnet
Gelb: keine Unterzeichnung
Orange: Partnerstaaten

(© John Vincent Palatine 2020)

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Die Deutsche Arbeiterpartei DAP

Der politisch interessierte Schlosser Anton Drexler und der Sportjournalist Karl Harrer sowie 22 weitere Anwesende gründeten am 5. Januar 1919 in München im Gasthof Fürstenfelder Hof in der Fürstenfelder Straße 14 die “Deutsche Arbeiter-Partei“. Sie war aus Drexlers erstem politischen Steckenpferd, dem 1918 gegründeten Freien Arbeiterausschuss für einen guten Frieden hervorgegangen. Er wurde auch zum Vorsitzender der neuen Partei, die der völkischen Bewegung angehörte, wurde gewählt.

Zu den ersten Mitgliedern der DAP zählten fast ausschließlich Arbeitskollegen Drexlers aus den Münchner Eisenbahnwerken. Weitere frühe Mitglieder waren der Wirtschaftsideologe Gottfried Feder, der baltendeutsche Flüchtling Alfred Rosenberg sowie Dietrich Eckart. Die ersten Parteiversammlungen der DAP fanden in Hinterräumen kleiner Bierlokale in München statt. Der wenig begeisternde Redner Drexler hielt zumeist kaum motivierende Reden, die oft in der Geräuschkulisse des Lokals untergingen.

wiki

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Der Jüngling und die Meerjungfrau – “A Whiter Shade of Pale”

Standbild aus Luana Wolfs Video

Am 12. Mai 1967 veröffentlichte die britische Plattenfirma DERAM als Single Nummer 126 das erste Lied einer völlig unbekannten Band namens Procol Harum. Eigentlich gab es die Band als festes Ensemble noch gar nicht, was dazu führte dass bei der Aufnahme ein Studiomusiker (Bill Eyden) am Schlagzeug verpflichtet wurde. Die Besetzung bestand aus Gary Brooker (Gesang und Piano), Matthew Fisher (Hammond-Orgel M-102), Ray Royer (Gitarre), David Knights (Bass) und Bill Eyden (Schlagzeug), Keith Grant war Toningenieur und Denny Cordell produzierte.

Live 2018
Single

Das Lied war, im bisher offiziell unveröffentlichten Original, so um die neun Minuten lang – das originale 4-Spur Masterband ging leider irgendwann verloren. Zur Veröffentlichung der Single wurde das Lied auf knapp über vier Minuten Länge gekürzt, wodurch von den ursprünglich vier Strophen nur zwei erhalten blieben. Der Text war, und bleibt, recht merkwürdig:

We skipped the light fandango
Turned cartwheels ‘cross the floor
I was feeling kinda seasick
But the crowd called out for more
The room was humming harder
As the ceiling flew away
When we called out for another drink
The waiter brought a tray

[Chorus]
And so it was that later
As the miller told his tale
That her face, at first just ghostly
Turned a whiter shade of pale

She said, there is no reason
And the truth is plain to see
But I wandered through my playing cards
And would not let her be
One of sixteen vestal virgins
Who were leaving for the coast
And although my eyes were open
They might have just as well’ve been closed

She said, ‘I’m home on shore leave,’
Though in truth we were at sea
So I took her by the looking glass
And forced her to agree
Saying, ‘You must be the mermaid
Who took Neptune for a ride.’
But she smiled at me so sadly
That my anger straightway died

If music be the food of love *
Then laughter is its queen
And likewise if behind is in front
Then dirt in truth is clean
My mouth by then like cardboard
Seemed to slip straight through my head
So we crash-dived straightway quickly
And attacked the ocean bed

* Im Originaltext steht “Life” – https://www.youtube.com/watch?v=vIWCSrG1d-Y
Standbild aus Luana Wolfs Video

Kleines Lexikon: Fandango – erotischer Tanz aus Spanien / cartwheel – seitlicher Handstand-Überschlag / vestal virgin Vestalin, römisch / so I wandered through my playing cards – (hier ungefähr) … ich überlegte mir also meine Optionen [evtl. Konnotation zu den Spielkarten von Alice in Wonderland]/ shore leave – Landurlaub / … I took her by the looking glass – (eigentlich ein kleiner Frauenspiegel, hier wohl ungefähr) … ich fragte sie, was Sache sei …

Standbild aus Luana Wolfs Video

Dies war die Zeit der psychedelischen Phase der Popmusik, und niemand erwartete, dass ein Text notwendigerweise Sinn ergeben müsse, aber anders als vieler textlicher Nonsense dieser Zeit blieb das Lied aufgrund seiner galaktischen Verkaufszahlen im populären Bewusstsein, und viele, zu denen sich hiermit der Autor zählt, machten sich an Spekulationen und Interpretationen.

Die neunminütige Komplettfassung ist – mit wechselnder Tonqualität – auf den folgenden YouTube Links zu finden:

Dies ist das Video, bzw. die Version, auf die sich der folgende Text hauptsächlich bezieht.

Hier die Links, falls die Einbettung der Videos nicht funktioniert:

(1) youtube.com/watch?v=vIWCSrG1d-Y

(2) youtube.com/watch?v=PYBqv3NIqho

Das erste Video wurde von Luana Wolf gepostet, die dazu bemerkt:

It seems that many have their own interpretations to the meaning of this song. Anywhere from drugs, death, lost love and some just plain comical But according to Keith Reid who wrote the lyrics He explained… “It’s sort of a film, really, trying to conjure up mood and tell a story. It’s about a relationship. There’s characters and there’s a location, and there’s a journey. You get the sound of the room and the feel of the room and the smell of the room.” Together with the music written by Gary Brooker this song turned out to be one of the greatest of that era..,. So… while putting this video together I followed the journey, and made my own story. Setting the stage as a fantasy love story. Maybe you can smell the ocean air? …..I claim no rights to the music nor the photos. All belong to their respective owners…

Worüber eigentlich alle Interpretationen übereinstimmen, ist, dass es um Liebe geht, eher solche der unglücklichen Art, und dass das Meer in der Geschichte eine besondere Bedeutung hat. Welche Konnotationen sollten wir aus dem Text herauslesen? Hier hat die deutsche Wiki – im Gegensatz zur englischen – einiges beigesteuert, was wir hier gerne zitieren:

Im September 1994 erhielt Tim de Lisle von Reid folgende Erklärung:Ein nervöser Verführer trinkt sich auf einer Party durch Alkohol Mut an. Zunehmende Alkoholisierung beeinträchtigt seine Wahrnehmung durch abschweifende Gedanken: Fragmente aus Kindheitserlebnissen und seine kleinmütigen Ziele. Die im Song wiederkehrende Metapher handelt von einer Schiffskatastrophe, die eine Parallele zwischen einer romantischen Eroberung und den Gefahren des Meeres zieht. …

Die Konfusion über die textliche Bedeutung ist auch dem Umstand geschuldet, dass die Hälfte des Textes vor der Aufnahmesession herausgenommen wurde. Ursprünglich bestand er nämlich aus 4 Strophen, die zweite und dritte wurden bei der Musikaufnahme gestrichen. Die inhaltliche Bedeutung erschließt sich eher, wenn man die fehlenden Strophen hinzunimmt. Dann wird klar, dass sich der Erzähler auf einem Schiff auf See befindet. Hinzu kommen surrealistische Wortspiele und bizarre Wortkaskaden, die auch in späteren Werken der Gruppe anzutreffen sind. Der – auch im englischsprachigen Raum – rätselhafte, mystische, wenn nicht gar undurchdringliche Text übernimmt zudem klangliche Funktionen, was durch die ausdrucksstarke Stimme von Brooker unterstrichen wird.

Am Anfang steht der Rätsel aufgebende Titel, der den ursprünglich vorgesehenen Untertitel „(The Miller’s Tale)“ *einbüßte und dessen Wortlaut Keith Reid zufällig bei einer Unterhaltung aufgeschnappt haben will: „My God, you’ve just turned a whiter shade of pale.“ Procol-Harum-Biograf Johansen vergleicht die Wortspiele des Songs mit denen des früheren Rhythm and Blues, der die Beziehung zwischen Mann und Frau (insbesondere die Sexualität) in metaphorischer Form behandele. In A Whiter Shade of Pale beginnt die Erotik des Paares bereits mit dem Flamenco-ähnlichen Fandango, der als besonders wollüstig gilt und hier, von ausgelassenen Radschlägen („cartwheels“) begleitet, einem aufmunternden Publikum („the crowd called out for more“) wie eine Show-Einlage vorgetanzt wird. Auch der Beginn des Refrains betont mit dem Hinweis „as the miller told his tale“ indirekt immer wieder die Thematik der sexuellen Verführung, indem er auf Boccacios Novellenzyklus Dekamerone bzw. Chaucers recht zotiges Miller’s Tale anspielt.

https://de.wikipedia.org/wiki/A_Whiter_Shade_of_Pale

* Anmerkung zu “Miller’s Tale”: Dieser Konnotation zu Chaucer hat Keith Reid, der Texter, zwar ausdrücklich widersprochen – aber was heißt das schon?

Einigkeit besteht wohl darüber, dass die Geschichte auf einem Schiff spielt, Tanz und Alkohol im Spiel ist, und die Liebe hinfällt, wie sie es eben tut, wobei ihre Gewalt und Gefahren mit denen des Meeres verglichen werden. Frau Wolfs Video zeigt dies des Autors Erachtens nach sehr fantasievoll.

Der beste dem Autor bekannte einzelne Artikel zu dem Song – leider nur auf Englisch – ist von Mike Butler aus dem Buch “Lives of the Great Songs” und ist hier zu finden. Ein Ausschnitt:

The song explores what it means to be wrecked, in more than one sense of the word. A nervous seducer sustains his courage with alcohol. As he becomes more drunk, his impressions of his unfamiliar partner become confused by stray thoughts, fragments of childhood reading and his own faint-hearted aspirations. The song’s recurring metaphor is of maritime disaster, and a parallel is drawn between romantic conquest and the allure and peril of the sea. The hero is a callow juvenile, far happier with a book than risking the emotional bruising of relationships. This ambivalence is underscored by frequent allusions to nausea.

As befits a night of excess, there are gaps in the telling. The evasive ‘And so it was that later …’ is given weight by repetition and its positioning just before the hook (‘Her face at first just ghostly / Turned a whiter shade of pale’). The listener is invited to fill the gaps with his or her own (prurient) imagination. An entire verse was dropped early in the song’s gestation. Another is optional (‘She said, ‘I’m home on shore leave,’ / Though in truth we were at sea’) and was excised from the recorded version at the insistence of producer Denny Cordell, to make the record conform to standard single length.

For a pop song, A Whiter Shade of Pale carries an unprecedented amount of literary baggage. Although, Reid reveals, the reference to Chaucer is a red herring. ‘One thing people always get wrong is that line about the Miller’s Tale. I’ve never read Chaucer in my life. They’re right off the track there.’ Why did he put it in then? (In mild dismay at the peremptory demolition of this intellectual prop.) ‘I can’t remember now.’ The analogy with Canterbury Tales, whether welcomed by Reid or not, holds good. Both are quintessentially English works, the one established in the canon of literature, and the other a pop standard. Both have associations of piety and decorum. (The song has become a regular fixture of the wedding ritual, supplanting Handel’s Wedding March as the tune to walk down the aisle to after the ceremony: it was played, indeed, at the wedding of Gary Brooker and Françoise, known as Frankie, with Procol Harum’s Matthew Fisher in the organ loft.) Both, beneath their respectable surface, are puerile and sex-obsessed works. 

https://www.procolharum.com/awsop_lotgs.htm

Wer allerdings tiefstmöglich in die Spekulationen der gesamten Menschheit über den Text eintauchen möchte, findet JEDE MENGE dazu auf einem zweiten Artikel auf “Beyond The Pale” (der großen Procol-Harum Fansite) unter diesem Link … Eine Erklärung von Mr. Luz Laulo gefällig? Hier ist sie …

Well, quite simply I think this is a tale of a man who met a mermaid (or some sort of Siren) who took “shore leave” in a pub or perhaps a dance hall … they danced and he ended up falling in love with her and making love to her that night … I think they ended up in on the ocean in a boat and it seems her secret was revealed then … they both plunged into the sea together. Her face turning a whiter shade of pale may have been another way of saying she had died along with the fellow. I don’t quite understand the allusion to the miller; that may have been a reference to Chaucer’s Canterbury Tales and may have just been poetic license. This is one of the most beautiful rock songs I have ever heard.

https://procolharum.com/awsoplyrics.htm
Standbild aus Luana Wolfs Video

Zur Etymologie des Bandnamens: Es wurde bzw. wird behauptet dass der Bandname aus dem Lateinischen stammt und so etwas wie “Hinter den Dingen” bedeutet, was der Autor nach acht Jahren Latein im Gymnasium leider als Falschmeldung outen muss. Die zweite Theorie geht vom Namen einer Katze in der damaligen erweiterten Bandfamilie aus. Wer weiß das schon? Viel Spaß beim Rätseln!


(© John Vincent Palatine 2020)

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Deutschland 1871 – 1914

Erinnerungsscheibe zur Reichsgründung

Es war ein widersprüchliches, teilweise verwirrend inkohärentes Reich das die Deutschen von 1871 bis 1918 ihr Vaterland nennen durften. In Preußen regierte steifer Militarismus, gepaart mit einer sich rasend entwickelten Industrie, während Bayern eher die gemütliche Lebensart pflegte und in der Kunst bereits die Moderne einläutete, als Berlin noch in einem kulturellen Dornröschenschlaf lag.

Maschinenbau Borsig
Soldaten in einer Bar um 1910
Siegelmarke Deutscher Wehrverein

Begleiten wir hier nochmals die wichtigsten Stationen der Entwicklung des Landes:

Artikel (1) Geburtswehen einer fragmentierten Gesellschaft – Das Reich 1871 bis 1918


Artikel (2) Außenpolitik – Jeder für sich und Gott gegen alle!


Artikel (3) Der große Kaiser – Wilhelm II


Artikel (4) Das Resultat – Deutschland und Europa am 1.8.1914


(© John Vincent Palatine 2015/20)

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Die Illusionen von Bethmann Hollweg und Wilhelm II am Ende der Julikrise

Theobald von Bethmann Hollweg, im obigen Titelbild dritter von rechts …

In der historischen Betrachtung zur Geschichte des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges ist nicht nur die komplette diplomatische Konfusion von Bedeutung, die der Autor in “The Little Drummer Boy“, basierend auf den Quellen Luigi Albertinis beschrieben hat, und die Christopher Clark in seinem Bestseller “Die Schlafwandler” 2013 in ihrer ganzen Unfähigkeit wiederauferstehen ließ, sondern auch die sachlichen Irrtümer und/oder Illusionen, denen die Hauptdarsteller in den entscheidenden Momenten unterlagen. Zwei Beispiele mögen dies verdeutlichen.

Ob der Streit zwischen den Militärs und den Zivilisten über die Kriegserklärungen tatsächlich am 1. August entbrannte, ist fraglich. Fest steht jedoch, dass er am 2. August seine volle Schärfe erreichte. In einer Nachtsitzung, die von unge­fähr 2.30 bis 5.30 Uhr dauerte, wurde zwischen der zivilen und der militärischen Reichsspitze über diese Frage diskutiert.2969 Zunächst einmal ging es darum, ob man sich eigentlich mit Russland im Krieg befinde. Man hatte wohl aus St. Pe­tersburg noch keine Nachricht erhalten, ob die deutschen Kriegserklärung den Russen bereits übergeben worden sei. Zum anderen wurde über den Zeitpunkt der Kriegserklärung an Frankreich gestritten. Tirpitz setzte sich entschieden für eine Verzögerung dieser Maßnahme ein. Den Abgesandten des Heeres erschien eine formelle Kriegserklärung eher überflüssig: „Kriegsminister kam, war etwas brüsk gegen den Kanzler, der Krieg sei ja nun da und die Frage der Kriegserklä­rung an Frankreich sei gleichgültig. Moltke kam und sagte, das sei einerlei, der Krieg sei ja da.”2970 Ein Hinweis Bethmanns auf das Völkerrecht führte zu ei­nem heftigen Zusammenstoß zwischen ihm und Moltke. Beide sahen sich ge­zwungen, sich für ihren Ton zu entschuldigen. Immerhin konnte der General­stabschef mit der Mitteilung, russische Truppen hätten die Feindseligkeiten er­öffnet, die erste Frage der Besprechung klären. In schroffer Form wies Moltke dann Versuche zurück, den Durchmarsch durch Belgien zu streichen. Erbittert notierte Tirpitz, die Armee würde sich zugunsten der Landkriegsführung „rücksichtslos” über alle anderen Erwägungen und Einwendungen hinwegset­zen.2971 Die Reichsleitung machte auf die Militärs bei dieser Sitzung einen denkbar schlechten Eindruck, wie Tirpitz berichtete: „Allgemeiner Eindruck: gänzliche Kopflosigkeit der politischen Leitung. Dem Reichskanzler sind die Zügel gänzlich aus den Händen geglitten. Durchmarsch durch Belgien ihm offenbar nicht vorher bekannt, versuchte den abzuwenden. […] Es stellte sich her­aus,dass Österreich nicht gefragt war, ob es mit uns gegen Russland kämpfen wollte, das müsste schleunigst nachgeholt werden, Tschirschky Auftrag erhalten. Ebenso hat Italien keine Nachricht von unserer Kriegserklärung gegen Russland bekommen. Politische Leitung offenbar in erheblicher Deroute. Beim Herausge­hen Moltke und Kriegsminister und ich entsetzt über diese Deroute. Moltke meinte, er müsse jetzt die politische Leitung in die Hand nehmen …”2972. Dabei waren ein Teil der Vorwürfe, die Tirpitz hier erhob, unberechtigt. Der Reichs­kanzler kannte den Plan, durch Belgien zu marschieren, bloß hatte er anschei­nend die ganze Logik der deutschen Kriegsplanung nicht begriffen, die diesen Durchmarsch unverzichtbar machte.

anscar jansen, “DEr weg in den ersten weltkrieg”, Tectum Verlag 2005, ISBN 978-3-8288-8898-2, S.474

Wenn wir Clausewitz’s Formel über das Primat der Politik betrachten, so wird in diesem Zusammenhang wiederum klar, dass, wie in anderen Beiträgen schon ausgeführt, eine der wesentlichen Ursachen der Julikrise 1914 in der kompletten Abwesenheit von funktionierendem Krisenkontrollmanagement lag. Wenn Politik und Militär aneinander vorbeireden, passiert genau das, was dann passierte. Irrespektive vom Hollwegs genauen Kenntnissen scheint sich Tirpitz auch nicht sicher zu sein, was jeweils genau angesagt war, und welche Konsequenzen daraus jeweils entstehen.

Kaiser Wilhelm II zeigte ebenfalls Verkennungen der Realität, sei es aufgrund seiner üblichen Unbekümmertheit oder weil er einfach nicht nachfragte.

Schon am 26. Juli vermeinte er, nach der Lektüre der serbischen Antwort auf das österreichische Ultimatum, dass nun “jeder Grund zum Krieg entfallen sei” und schlug vor, Österreich solle sich darauf beschränken, Belgrad zu besetzen, als Unterpfand für zukünftiges serbisches Wohlbetragen. Nicht nur hatte er den wahren Zweck der Note, Serbien unter allen Umständen den Krieg zu erklären, wohl nicht begriffen, sondern wusste nichts von den österreichischen Mobilmachungsplänen, in denen ein solcher Plan schlicht nicht existierte. Jansen (s.o., S. 279) führt hierzu aus: “Ohne das es den Verantwortlichen in Berlin bewusst war, wäre eine Besetzung Belgrads für die Österreicher nur schwer durchzuführen gewesen. Nach deren militärischer Planung sollte der Hauptangriff aus Bosnien und Herzegowina erfolgen. Belgrad hätte so nur nach einem vollständigen Sieg über Serbien besetzt werden können. Die militärischen Planungen in der Donaumonarchie standen so einer friedlichen Lösung im Wege.”

In der Praxis wurde die österreichische Mobilmachung dann zu einem nicht sehr überraschenden Kuddelmuddel:

Obwohl vorherzusehen war, dass Russland nicht untätig bleiben würde, [da die Bündnisverträge zwischen Serbien und Russland bekannt waren – falsch hier, es gab keine, Anmerkung des Verfassers], reagierte Österreich-Ungarn als Antwort auf die serbische Mobilmachung vom 25. Juli 1914 nur mit der Teilmobilmachung und dem nach der am 28. Juli an Serbien erfolgten Kriegserklärung in Kraft gesetzten Plan „B“ [Aufmarsch gegen Serbien, aber an den Flanken, nicht gegen Belgrad]. Nach dem Bekanntwerden der russischen Generalmobilmachung vom 30. Juli 1914 hätte der Plan „R“ unverzüglich umgesetzt werden müssen; dies geschah jedoch nicht. Es gab keine Vorbereitungen dafür, einen einmal angelaufenen Mobilisierungsprozess anzuhalten oder abzuändern. Die dadurch zunächst weiterhin an die Serbische Front rollende „B“-Staffel wäre in Galizien dringend benötigt worden.

https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96sterreich-Ungarns_Heer_im_Ersten_Weltkrieg (von Verfasser korrigiert)

Es gab keinen Plan, Belgrad zu besetzen, doch niemand unterrichtete den Kaiser, der mindestens bis zum 28. Juli, wahrscheinlich aber noch länger, die nicht existente Variante als Lösung des Problems propagierte. Regierung und Militär agierten in zwei verschiedenen Universen.


(© John Vincent Palatine 2020)

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Die Grossen Kurtisanen

The Baths at Caracalla, by Lawrence Alma-Tadema

Sie waren die Geliebten von Kaisern und Königen, Ministern oder Generälen, oder auch von eher einfachen Männern. Gemeinsam war ihnen, dass Sie Einfluss ausübten – in welchem Maße ist manchmal umstritten.

Hier einige Beispiele von Frauenpower, die es bis in unsere Geschichtsbücher und manchmal auch nach Hollywood geschafft haben …


Julia – Die Tochter Augustus


Valeria Messalina – Die dritte Frau Kaiser Claudius …


[Englisch – Deutsch folgt] Theodora – Die heilige Hure


Die Flittchen vom Palatin – Die wüste Epoche der Iulier und Claudier


Mata Hari – Spionin oder Sündenbock?


Katharina Krüger – Im Auftrag von Admiral Canaris


… wird fortgesetzt (© John Vincent Palatine 2015/20)

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