Historia Occidentalis

Ein Magazin zur Zentraleuropäischen Geschichte

Schlagwort: Hitlerputsch

La Bohème – Adolf Hitler in München vor dem Krieg


Voriger Beitrag: Jeder für sich und Gott gegen alle – Adolf Hitler als Bettler in Wien


Aus THE LITTLE DRUMMER BOY, Kapitel 12


“Every night and every morn,
Some to misery are born,
Every morn and every night,
Some are born to sweet delight,
Some are born to sweet delight,
Some are born to endless night.

William Blake “Auguries of Innocence”


Damals wie heute ist die Stadt München die Hauptstadt von Bayern, einem der ältesten deutschen Staaten – zunächst als ein Herzogtum, dann als ein Kurfürstentum, ein Königreich und dann als ein Freistaat und Bundesland. Soweit es europäische Staaten betrifft, ist Bayern von mittlerer Größe, etwa 70.000 Quadratkilometer groß; etwas kleiner als das moderne Österreich oder South Carolina, aber größer als Belgien, die Schweiz oder West Virginia, und bildet den südöstlichen Teil des modernen Deutschland. Es teilt sich Grenzen mit der Tschechischen Republik, Österreich und der Schweiz und erreicht im Norden die Bundesländer Hessen, Sachsen und Thüringen. Im Süden beherbergt es einen Teil des großen mitteleuropäischen Gebirges, die Bayerischen Alpen, mit der Zugspitze mit 2962 Metern als ihrer höchsten Erhebung – wo, wie man sagt, nur Adler zu fliegen wagen. . . .

Die bis ins frühe 19. Jahrhundert etwas verschlafene Stadt unterzog sich ab den 1830er Jahren einem längeren Zeitraum der Modernisierung und Industrialisierung. Das Land veränderte sich innerhalb von nur zwei Generationen von dem früheren fast ausschließlich ländlichen Charakter in einen modernen Industriestaat. Die erste deutsche Eisenbahnlinie (Ludwigseisenbahn) wurde zwischen den bayerischen Städten Nürnberg und Fürth im Jahre 1835 eröffnet, und schon ein halbes Jahrhundert später arbeiteten Nicolaus OttoGottlieb Daimler und Carl Benz im benachbarten Württemberg und Baden an dem Bau von pferdelosen Kutschen. Das von den beiden letztgenannten gegründete Unternehmen, Daimler-Benz, ist immer noch einer der berühmtesten Namen in der Automobilwelt und Bayern ist die Heimat der schnellen Autos von Audi und BMW.

München um die Jahrhundertwende – Auf der Theresienwiese, dem Platz des jährlichen Oktoberfestes, weiden Schafe.

Die kulturelle Kreuzbefruchtung des Durchgangslandes und das starke künstlerische Erbe der italienischen Renaissance verlieh München im beginnenden 20. Jahrhundert einen fast italienischen Charme: Im Vergleich zu Preußen war Bayern fast eine Anarchie (die königliche Familie war Beweis genug, wie wir sehen werden), aber eine angenehme und Menschen aus nah und fern strömten, um sich dort niederzulassen. Die Bayern verfolgen nach wie vor eine fast südliche Tradition der Leichtigkeit des Lebens, ein sehr unpreußisches Flair des “Dolce far niente”. Das Land rühmt sich seiner Tradition als Inbegriff der Libertas Bavariae, einer spezifisch Bayerischen Liberalität gegenüber Andersdenkenden; obwohl zutiefst katholisch, nahm es mehr als zehntausend französische Hugenotten auf , d.h. evangelisch-calvinistische Familien, die Frankreich und dem Zorn Catharina de’ Medicis im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert entflohen waren, nachdem das Edikt von Nantes – das weitgehende Religionsfreiheit gewährt hatte – widerrufen worden war. Die fleißigen Neulinge waren ein großer Gewinn für Bayern im Allgemeinen und München im Besonderen; eine Reihe von Straßen in der Schwanthalerhöhe, benannt nach prominenten hugenottischen Familien, erinnert an die Vorteile , die sie der Stadt gebracht haben.

Westliche Neuhauser Straße, Karlstor und Karlsplatz (Stachus) ca. 1900

Ab dem vierten Jahrzehnt des neunzehnten Jahrhunderts, während der frühen Herrschaft von Ludwig I., begann die Stadt ihren provinziellen Charakter zu verlieren; bevor er Lola Montez getroffen hatte und in ihren Armen alles andere vergaß, hatte der König ein öffentliches Bauprogramm im neoklassizistischen Stil gefördert, dessen Ergebnisse nach wie vor auf des Boulevards der Ludwigstraße und Maximilianstraße gesehen werden können. Das Genie der Architekten Leo von Klenze und Friedrich von Gärtner bleibt weithin sichtbar in der großen Anzahl ihrer Entwürfe, die die Stadt schmücken, praktisch alle nach dem Bombenschäden des Zweiten Weltkrieges den ursprünglichen Plänen folgend wiederaufgebaut .

Mit bayerischem Charme und einem viel geselligeren sozialen Klima als das steife Preußen, das provinzielle Berlin oder das merkantile Hamburg, wurde München bis zum Ende des neunzehnten Jahrhunderts zu dem zweiten Zentrum der internationalen Kunst und Kultur, gleich nach Paris – die Kaiserbesoffenheit und den Zwist Wiens und die gekünstelte imperiale Pracht Londons leicht hinter sich zurücklassend …

An dieser zweiten Stelle nach Paris, zog München – damals etwa 600.000 Einwohner beherbergend – Künstler aus allen Ländern und Bereichen des Lebens an und wurde vor allem ein Zentrum für die Avantgarde. Soweit es die Malerei angeht, erlebte allein das Jahr 1909 die Gründung von vier neuen Künstlergruppen – von denen sich eine einfach die “Neue Künstlervereinigung” nannte und Alexej von Jawlensky und Wassily Kandinsky zu ihren Mitgliedern zählte. Im Café Stephanie in der Amalienstraße konnte man zu jeder Tages- oder Nachtzeit radikale Intellektuelle wie Kurt EisnerErich Mühsam oder Ernst Toller treffen, die alle nach dem Krieg berühmt wurden. Während diese Künstler und Philosophen für Hitlers bürgerlichen Geschmack jedoch viel zu fortschrittlich waren, brachten sie künstlerischem Flair und Inbrunst nach München – unübertroffen, bis zwanzig Jahre später Berlin die Goldenen Zwanzigern erlebte. Aber im Jahre 1910 war Berlin ein kultureller Friedhof.  Ian Kershaw [Hitler 1889-1936: Hybris (London, 1998), ISBN 0-393-32035-9] schrieb:

Schwabing, das pulsierende Zentrum des Münchner künstlerischen Lebens und seiner Bohème, zog Künstler, Maler und Schriftsteller aus ganz Deutschland und aus anderen Teilen Europas an. Schwabings Cafés, Kneipen und Kabaretts verwandelten sich in experimentelle Gewächshäuser der Moderne. „In keiner Stadt in Deutschland stieß Altes und Neues kräftiger zusammen als in München“, kommentierte Lovis Corinth, ein berühmter Künstler, der die dortige Atmosphäre zur Wende des Jahrhunderts erlebte.

IAN KERSHAW, s.u.
Lovis Corinth – Die drei Grazien

Die Themen des Verfalls und der Erneuerung, des Abwerfens des sterilen, abklingenden Ordnung, Verachtung für bürgerliche Konventionen, für die alten, abgestandenen und traditionellen Sichtweisen, die Suche nach neuem Ausdruck und ästhetischen Werten, die Evokation des Gefühls über die Vernunft, die Verherrlichung von Jugend und Begeisterung, verband viele der unterschiedlichen Stränge der Münchner modernen Kulturszene.

IAN KERSHAW, s.u.
Fasching (Karneval) in Schwabing um 1900

Der Kreis um Stefan George; die Geißel der bürgerlichen Moral, Dramatiker, Liedermacher und Kabarettist Frank Wedekind; der große Lyriker Rainer Maria Rilke; und die Gebrüder Mann – Thomas, berühmt seit der Veröffentlichung im Jahre 1901 seines epischen Romans über bürgerlichen Niedergang “Buddenbrooks“,  dessen Vignette homosexueller Versuchung “Der Tod in Venedig”  im gleichen Jahr veröffentlicht wurde, in dem Hitler nach München kam (1913), und sein älterer, politisch radikalerer Bruder Heinrich – waren nur einige in der Galaxie von literarischen Koryphäen in Vorkriegs-München.

Auch in der Malerei bestimmte die Herausforderung der „Moderne“ die Ära. Rund um die Zeit, in der Hitler in München lebte, revolutionierten Wassily Kandinsky, Franz MarcPaul Klee, Alexej von Jawlensky, Gabriele Münter und August Macke – die Koryphäen der Gruppe “Der Blaue Reiter” – das Wesen künstlerischer Komposition in brillanten und spannenden neuen Formen expressionistischer Malerei. Die visuellen Künste würden nie mehr das gleiche bleiben.

Ian Kershaw [“Hitler 1889–1936: Hubris” (London, 1998), ISBN 0-393-32035-9, Seiten 81-82
Postkarte des Café Stefanie – Besucher waren, u.a. Johannes R. Becher , Hanns Bolz , Hans Carossa , Theodor Däubler , Kurt Eisner , Hanns Heinz Ewers , Leonhard Frank , Otto Gross , Emmy Hennings , Arthur Holitscher , Eduard von Keyserling , Paul Klee , Alfred Kubin , Gustav Landauer , Heinrich Mann , Gustav Meyrink , Erich Mühsam , Erwin Piscator ,Alexander Roda Roda , Ernst Toller , B. Traven und Frank Wedekind.
München – Zentrum und Marienplatz

In Schwabing priesen Revolutionäre von jeder Sorte und Kaliber ihre Lehren an der Ludwig-Maximilians-Universität – nach München im Jahr 1826 von Landshut aus umgezogen (dorthin verlegt worden aus Ingolstadt, wo sie im Jahr 1472 gegründet worden war) – wurde das komplette Spektrum der politischen Ideenlehre gleichermaßen der Aufmerksamkeit der Studenten als auch der Bürger anheimgelegt. Der Hauptcampus war in Schwabing und bot den Studenten – immer auf der Suche nach neuen und exotischen Empfindungen und Eingebungen – eine Bühne für jede denkbare und einige eher unwahrscheinliche Formen künstlerischer Expression. Der unbeschwerte Geist, in dem selbst die wildesten oder lächerlichsten Lehren der Kunst oder Politik ein aufmerksames Publikum fanden, wurde die moderne Artikulation der Libertas Bavariae. In der Juxtaposition William Blakes oben zitierten Verses wurde Schwabing klar zu süßer Freude geboren und unkonventionelle Seelen aus der ganzen Welt strömten nach München.

Eine solche unkonventionelle Seele war Herr Wladimir Iljitsch Uljanow, der Recht und Politik an der Universität hörte, wo er sich als Herr Meyer eingeschrieben hatte. Herr Meyer wohnte in der Schleißheimer Straße 106, nur ein paar Blocks westlich des Campus, und war in seiner Heimat Russland und besonders der dortigen Geheimpolizei besser bekannt unter seinem revolutionären Pseudonym “Lenin”.

Eine weitere, eher unkonventionelle Seele, ein junger Mann namens Adolf Hitler, frequentierte bald die gleichen Cafés, Kneipen und Biergärten in Schwabing; Zeitung lesend, während er langsam eine Tasse Kaffee schlürfte, oder seine Bilder in Kunstgeschäften oder einfach auf der Straße hausierend. Etwas nördlich des Hauptgebäudes der Universität, hundert Meter hinter dem Siegestor, diente (und dient noch) die erste Viertelmeile der Leopoldstraße als Outdoor-Galerie der Künstler, und bis zum heutigen Tag verkaufen die ansässigen Maler ihre Werke dort. Adolf war, wie wir herausfinden werden, selbst ein bisschen revolutionär, aber das Jahr 1913 sah ihn halb erschrocken und halb berauscht von dem schieren Ansturm der künstlerischen Szene auf seine Sinne . . .

Münchner Hauptbahnhof um 1900

Adolf Hitler und sein Freund Rudolf Häusler kamen am Münchner Hauptbahnhof am Sonntag, 25. Mai 1913 aus Wien an, und begannen sofort eine Unterkunft zu suchen. Sie gingen die Schleißheimer Straße entlang, im Nordwesten des Bahnhofs, und im Fenster einer kleinen Schneiderei, bei Nummer 34, bemerkten sie ein kleines Schild “Zimmer zu vermieten”. Sie gingen hinein und wurden sich schnell mit des Schneiders Frau, Anna Popp, einig, eine winzige Mansarde im dritten Stock zu mieten. Am 26. Mai registrierten sie sich bei der Münchner Polizei, bei der Hitler die Dauer seines Besuches mit zwei Jahren angab. In Wien hatte Hitler sich bei der Polizei anlässlich seines Weggangs abgemeldet,wie vorgeschrieben, hatte aber keine Nachsendeadresse hinterlassen; in der Polizeiakte heißt es nur „mit unbekanntem Ziel“, was darauf hinweist, dass Hitler nichts über seinen zukünftigen Aufenthaltsort verlauten wollte. Dies würde mit der Tatsache übereinstimmen, dass sein früheres “Verschwinden” im Herbst 1909 auf geradezu magische Weise mit der genauen Zeit zusammenfällt, in der er sich zur Musterung in der österreichischen Armee hätte melden müssen. Er verließ die Sechshauserstrasse 56, Wien, c/o Frau Antonie Oberlechner, am 16. September 1909, ohne eine Weiterleitungsadresse zu hinterlassen, und ließ sich erst wieder am 8. Februar 1910 bei der Wiener Polizei registrieren – dem Tag, als er wieder auftauchte und in das Männerheim in der Meldemannstraße zogt. . . .

Schleißheimer Straße 34 während der NS-Zeit, mit Erinnerungstafel (Hitlers Raumfenster markiert)

Adolf Hitler war jetzt in der Stadt angekommen, die sein Hauptwohnsitz für die nächsten 20 Jahre werden würde – die Stadt, die er später die “Hauptstadt der Bewegung”taufte. Für eine Weile wurden die Popps seine Familie. Robert Payne beschreibt uns eine mise en scène des menschlichen Lebens in der Schleißheimer Straße 34:

Viele Jahre später, als die Nationalsozialisten an der Macht waren, wurde Frau Popp gefragt, an was sie sich über ihren Mieter erinnern könne. Natürlich erinnerte sie sich an viele Dinge, die zu seinem Vorteil gereichten: Er war freundlich zu den Kindern, Peppi und Liesel und war bescheiden, gut erzogen und selbstgenügsam. Er verbrachte den ganzen Tag mit Malerei und Zeichnen, und er studierte jeden Abend und jede Nacht. …

Sie war eine dieser neugierigen Vermieterinnen, die die Besitztümer ihrer Mieter prüfen, und sie erinnerte sich, dass seine Bücher „alles politischen Sachen und wie man ins Parlament kommt.“ Sie erinnerte sich auch an etwas, dass andere ebenfalls beobachtet hatten: seine Einsamkeit.

Er schien keine Freunde zu haben, lebte vollständig allein [nachdem Häusler ausgezogen war – wie oben erwähnt, niemand erwähnte Rudolf Häusler bevor Thomas Orr die Nachbarschaft im Jahre 1952 untersuchte, aus unbekannten Gründen,¶] lehnte alle Einladungen der Popps ab, ihr Abendessen zu teilen, wies alle ihre Annäherungsversuche zurück, und verbrachte ganze Tage in seinem Zimmer, ohne sich nach außen hin zu rühren. Er lebte von Brot und Wurst; nur manchmal klopfte er höflich an ihre Küchentür, um nach heißem Wasser für seinen Tee zu fragen.

„Er lebte in seinem Zimmer wie ein Einsiedler, mit seiner Nase immer in diesen dicken, schweren Büchern“, sagte sie. Es verwunderte sie, dass er sowohl ein Maler sein sollte als auch ein unersättlicher Leser, und eines Tages fragte sie ihn, was all das Lesen mit seiner Malerei zu tun habe. Er lächelte, nahm sie am Arm und sagte: „Liebe Frau Popp, weiß jemand wirklich, was ihm später im Leben wirklich von Nutzen sein wird und was nicht?“ (4)

THE LITTLE DRUMMER BOY, Seiten 279 – 280

Die Popps mochten ihn. Er wusste sich zu verhalten, was sie beeindruckte, denn für sie schien es zu bedeuten, dass er in Wirklichkeit – jenseits der Maske, die er trug – jemand anderes, jemand besseres war als wer er zu sein vorgab. Er lebte auf seinem eigenen Planeten, nicht unbedingt im bekannten Universum, und hatte keine Kontakte, die wir kennen, außer dass ein ehemaliger Bewohner des Männerheims behauptete, ihn einmal in einer zufälligen Begegnung am Bahnhof in München getroffen zu haben. [FN 1] Er malte derweil, und verkaufte seine Werke auch; wir haben eine gute Handvoll von Berichten seiner Kunden. Der Arzt Dr. Hans Schirmer erinnerte sich:

[FN 1]: Der Name dieses Mannes war Josef Greiner, der ein Betrüger und Erpresser gewesen zu sein scheint. 1939 und 1947 veröffentlichte er Bücher, welche seine angebliche Freundschaft mit Hitler in München und Wien beschrieben. Beide Bücher wurden verboten, das von 1939 von den Nazis selbst und das 1947 Opus von der Besatzungsbehörde. Vgl. Anton Joachimsthaler (8)

… Ich saß an einen Sommerabend im Garten des Hofbräuhauses, bei meinem Bier. Gegen 20.00 Uhr bemerkte ich einen sehr bescheiden und etwas grob gekleideten jungen Mann, der mir wie ein armer Student aussah. Der junge Mann ging von Tisch zu Tisch, ein kleines Ölgemälde zum Verkauf anbietend.

Die Zeit verstrich, und es war vielleicht 22.00 Uhr, als ich ihn wiedersah und erkannte, dass er nach wie vor das Bild noch nicht verkauft hatte. Als er in meine Nähe kam, fragte ich ihn, ob ich ihm helfen könne, da sein Schicksal mich etwas beunruhigte. Er antwortete: „Ja, bitte“, und als ich nach dem Preis fragte, legte er ihn auf fünf Mark.

Mein Vermögen damals … war nicht groß, und da ich in meinen Taschen nur das wenige Bargeld hatte, das benötigt war, um ein Bier zu kaufen, gab ich dem jungen Mann drei Mark und meine Adresse auf einer Rezeptform, und bat ihn, mit dem Gemälde am nächsten Tag in meine Praxis zu kommen , wo ich ihm den Rest geben würde.

Er übergab mir das Bild sofort und sagte mir, er würde mich morgen besuchen. Sofort, nachdem die Transaktion abgeschlossen war, ging er zum Buffet und kaufte sich zwei Wiener Würstchen und eine Semmel, aber kein Bier.“

THE LITTLE DRUMMER BOY, SEITE 280
Münchner Straßenbahn, von Adolf Hitler

Ein Huthändler, Josef Würbser, wurde in seinem Laden aufgesucht.

„Es war im April 1914, ich die Kasse in dem Hutladen Zehme am Marienplatz und Dienerstraße betreute, als ein junger Mann hereinkam und mich fragte, ob ich am Kauf zwei seiner Gemälde interessiert wäre. Er müsse sie verkaufen, um Bücher für seine Studien erwerben zu können.

Da ich mich selbst ein bisschen mit Malerei beschäftigt hatte, war mein Interesse sofort geweckt, und ich studierte die beiden Bilder, von denen eines das „Alte Bürgermeisteramt“ zeigte und das andere den „Alten Hof“. Ich mochte die Bilder, die die schönen Motive in den hellsten Farben zeigten, und kaufte sie beide. Ich kann mich an den Preis nicht genau erinnern, aber es müssen jeweils zwischen fünfzehn und fünfundzwanzig Mark gewesen sein.“

THE LITTLE DRUMMER BOY, SEITE 280
Das Siegestor, von A. Hitler

Der Juwelier Otto Paul Kerber erinnerte sich:

„Ein junger Mann kam in mein Geschäft an einem Tag im Jahre 1912 [es muss 1913 oder Anfang 1914 gewesen, ¶] und bot mir ein Aquarell von der Münchner Residenz an. Ich mochte das Bild und kaufte dieses und anschließend noch ein paar weitere Bilder von dem jungen Mann, der regelmäßig wiederkam. Soweit ich mich erinnere, bezahlte ich, je nach Größe und Qualität, zwischen 15 und 20 Mark pro Bild.“

THE LITTLE DRUMMER BOY, SEITE 280

Sie ahnten es nicht, aber die meisten seiner Kunden hatten das Geschäft ihres Lebens gemacht, denn im Dritten Reich wurden die Gemälde für bis zu 5.000 Reichsmark verkauft. Es blieb jedoch klar, dass ihre Anziehungskraft der Künstler war, nicht die Arbeit an sich. Joachim Fest bemerkte über Hitlers künstlerische Eingebungen und Idole:

Sein Geschmack war seit seinen Tagen in Wien unverändert geblieben, als er keine Rücksicht auf die künstlerischen und geistigen Umwälzungen der Zeit nahm. Kühle klassizistische Pracht auf der einen Seite und pompöse Dekadenz auf der anderen – Anselm Feuerbach, zum Beispiel, und Hans Makart – waren seine Idole. Mit den Ressentiments des durchgefallenen Kandidaten für die Akademie erhob er seinen eigenen Geschmack zu einer absoluten Richtschnur.

Er bewunderte auch die Kunst der italienischen Renaissance und des Frühbarock; die Mehrzahl der Bilder im Berghof gehörten zu diesen Epochen. Seine Favoriten waren ein halblanger Akt von Bordone, des Schülers von Tizian und eine große farbige Skizze von Tiepolo. Auf der anderen Seite verwies er den Maler der deutschen Renaissance wegen ihrer Strenge und Sparsamkeit.

Fest, S.U.
Paris Bordone, Venus und Amor – einer von Hitlers Favoriten

Die pedantische Treue seiner eigenen Aquarelle könnte darauf hindeuten, dass er handwerkliche Präzision immer favorisierte. Er mochte den frühen Lovis Corinth, aber reagierte auf dessen brillante spätere Arbeit, gemalt in einer Art Ekstase des Alters, mit ausgeprägter Reizung und entfernte sie aus den Museen. Bezeichnenderweise liebte er auch sentimentale Genrebilder, wie die weintrinkenden Mönche und fetten Gastwirte von Eduard von Grützner. In seiner Jugend, sagte er zu seinem Gefolge, war es sein Traum gewesen, eines Tages erfolgreich genug zu sein, sich einen echten Grützner zu leisten. Später hingen viele Werke des Malers in seiner Münchner Wohnung am Prinzregentenplatz 16.

Neben ihnen liebte er sanfte, volkstümliche Idyllen von Spitzweg, ein Porträt Bismarcks von Lenbach, eine Parkszene von Anselm Feuerbach, und eine der vielen Variationen der “Sünde” von Franz von Stuck. In seinem „Plan für eine deutsche Nationalgalerie“, auf der ersten Seite seines Skizzenbuchs von 1925, erscheinen diese gleichen Maler, zusammen mit Namen wie Overbeck, Moritz von Schwind, Hans von Marées, Defregger, Böcklin, Piloty, Leibl und schließlich Adolph von Menzel, dem er nicht weniger als fünf Räume in der Galerie zuwies.

THE LITTLE DRUMMER BOY, SEITE 281

Sein Geschäft wuchs langsam, er gewann Stammkunden, von denen einige sogar im Voraus bestellten. Der Chemiker Dr. Schnell, der ein Geschäft in der Sendlinger Straße 42 nahe dem Stadtzentrum und eine kleine chemische Fabrik im nördlichen Stadtteil Milbertshofen besaß, erinnerte sich daran, dass eines Tages ein armer junger Maler in seinen Laden kam …

… dem offensichtlich von jemandem gesagt worden war, dass ich schon zuvor armen Künstlern geholfen hatte. Er bat mich um Unterstützung. „Ich bin Architekturmaler“, sagte der junge Mann und bot mir an, ein kleines Bild für mich zu malen. Auf Anfrage sagte er, sein Namen wäre Hitler, er wäre Österreicher und in der Stadt um Maler zu werden.

„Na dann bitte malen Sie mir die Asamkirche nebenan“, sagte ich. „Nach acht bis zehn Tagen brachte Hitler mir ein kleines Bild der Asamkirche, das überraschend gut gemacht war. Ich zahlte ihm die vereinbarten zwanzig Mark und habe später ein paar weitere seiner Bilder gekauft, die er immer pünktlich ablieferte. Ich konnte ihm auch auf weitere Aufträge vermitteln, die ich von Bekannten erhielt, die das Bild der Asamkirche sahen. … Dann begann der Erste Weltkrieg, und Hitler und seine Bilder waren vergessen. …

Als Hitler in die politische Szene nach dem Ersten Weltkrieg eintrat, wollte ich herausfinden, ob der Politiker Adolf Hitler und der Malereistudent der Vorkriegszeit in der Tat identisch waren. Also ging ich kurz ins Hofbräuhaus, wo Hitler eine Kundgebung abhielt und stellte fest, dass er tatsächlich der gleiche Mann war, dessen Bilder ich gekauft hatte. …

Viel später, nachdem die Nazis an die Macht gekommen waren, wurde ich einmal von Hitler ins Hotel “Vier Jahreszeiten” eingeladen. Er fragte, wie es mir und den Bildern ging, und ob er mir einen Gefallen tun könne. Kurze Zeit später, zwischen 1934 und 1936, besuchte mich ein Mann aus dem Stab des „Stellvertreters des Führers“ Rudolf Heß im Büro des Ladens, in dem Hitlers Gemälde hingen, und fragte, ob Heß, der an den Bildern interessiert war, kommen und sie besichtigen könne. Heß tauchte dann auf, mit zwei oder drei anderen Herren, und betrachtete die Bilder. … Später fragten einige Parteibüros nach meiner Erlaubnis, Kopien der Bilder für die Parteiarchive zu machen, welche ich gewährte.

THE LITTLE DRUMMER BOY, SEITE 281

Basierend auf den Aussagen von Hitlers Kunden und von Frau Popp, die sagte, dass er ein alle zwei oder drei Tage ein Bild malte, berechnete Anton Joachimsthaler, dass, wenn er, sagen wir, zehn Gemälde im Monat verkaufte, er recht gut davon leben konnte. In seine kommunale Verkaufslizenz, die er brauchte, um seine Gemälde legal zu verkaufen und die auch als Steuerformular diente, trug er einen Umsatz von rund hundert Mark pro Monat ein – wahrscheinlich das niedrigste, mit dem er davonkommen konnte. Auch wenn er anfangs vielleicht weniger als die fünfzehn oder zwanzig Mark verdiente, die nach einigen Monaten die Norm geworden zu sein schienen, muss er bald zwischen 150 und 200 Mark pro Monat verdient haben. Das war ziemlich anständig im Vergleich zu dem Lohn eines normalen Arbeiters, der in München zu diesem Zeitpunkt zwischen 96 und 116 Mark verdiente, aber auch für seine Familie zu sorgen hatte.

Wie in Wien, scheint es, dass Hitler auch in München mehr Geld hatte als er zugab, und die Beteuerungen seiner Armut in „Mein Kampf“ müssen mit einem großen Löffel Salz genommen werden. Selbst wenn es wahr ist, dass er, wie er später behauptete, oft nur eine Mark für sein Mittag- oder Abendessen hatte, muss dieser Betrag in Bezug auf die Preise der Zeit gesehen werden, die sehr niedrig waren. Ein Liter Bier kostete 30 Pfennige, ein Ei 7 Pfennige, ein Pfund Brot 16 Pfennige und ein Liter Milch 22 Pfennige. Eine Mark langte für so einiges.

Soweit wir wissen, wich seine Lebensweise nicht viel von der in Wien ab, was uns Vorsicht lehrt über die Geschichten, die Hitler später von seinem Studium der Politik, Philosophie und Geschichte in der Münchner Vorkriegszeit gesponnen hat. In einem der Tafelmonologe während des Zweiten Weltkrieges gab er Kunst an, nicht Politik, als seinen Grund, nach München zu gehen.

„[Ich wollte weitermachen] … als Autodidakt zu arbeiten und einen gewissen Zeitraum lang praktische Arbeit hinzufügen, sobald ich im Reich war. Ich war glücklich in München: Ich hatte mir das Ziel gesetzt, weitere drei Jahre zu lernen und dann mit 28 Jahren, als Architekt bei Heilmann & Littmann [eine Münchner Baufirma, ¶] einzutreten.

Ich hätte bei deren erstem Wettbewerb mitgemacht, und ich glaubte, sie würden mein Talent und meine Fähigkeiten anerkennen. Ich hatte mich, privat, an allen aktuellen Architekturwettbewerben beteiligt, und als die Entwürfe für das neue Opernhaus in Berlin veröffentlicht wurden, begann mein Herz zu schlagen, und ich sagte mir, dass sie viel schlechter waren als das, was ich geliefert hatte. Ich hatte mich auf Bühnenbilder spezialisiert.

THE LITTLE DRUMMER BOY, SEITE 282

Leider finden wir in keinem der ordentlichen und vollständigen Archive dieser Wettbewerbe die Entwürfe, die Hitler – privat – beitrug, sodass wir uns leider eines Urteils über ihren künstlerischen Wert enthalten müssen.

Maximilianstraße um 1900

Seine Zurückgezogenheit in München verschaffte ihm auch einen eher unauffälligen Vorteil: dass er, wie er glaubte, es dadurch vermied, in die österreichische Armee eingezogen zu werden. Es war Standard in Österreich, wie in allen anderen europäischen Ländern, dass die jungen Männer eines
bestimmten Alters (in Österreich mit zwanzig) zum Militär einberufen wurden, wo sie, nach zwei oder drei Jahren aktiven Dienstes, für die nächsten zwanzig Jahre oder so den Reserveeinheiten unterstellt blieben. Hitler hätte sich im Herbst 1909 registrieren und mustern lassen müssen – genau zu dem Zeitpunkt als er verschwand. Selbst wenn er eine gültige Ausrede gehabt hätte, sagen wir Krankheit, hätte er sich einer Neuregistrierung im Jahr 1910 oder 1911 unterziehen müssen. Da wir Hitlers ablehnende Haltung gegenüber dem Habsburgerstaat kennen, kann es uns nicht überraschen, dass er keinerlei Drang verspürte, ihm zu dienen.

Am 11. August 1913 erließ die Linzer Polizei einen Haftbefehl für Hitler, aufgrund Umgehung der Stellungspflicht. Von Hitlers Verwandten, vielleicht den Schmidts, fanden sie heraus, dass er in dem Männerheim in Wien lebte. Auf ihre Anfrage berichtete Wien nach Linz zurück, dass Hitler Wien verlassen hätte, ohne eine Weiterleitungsadresse zu hinterlassen, aber dass einige Bewohner der Herberge sich erinnerten, dass Hitler erwähnt hatte, nach München zu gehen.

Linz fragte also in München nach, und erfuhr am 8. Januar 1914, dass Hitler in der Tat in München registriert war, bei Popp, Schneider, Schleißheimer Straße 34/III. Am Nachmittag des 18. Januar 1914 wurde ein Trupp der Münchner Polizei zu Hitler losgeschickt, mit einem österreichischen Haftbefehl und einer Vorladung zur Musterung.

„Herr Adolf Hitler, geboren 1889, wohnhaft in Linz an der Donau, derzeit in München bei Popp, Schleißheimer Straße 34/III, wird hiermit einbestellt, sich des 20. Januars 1914 am Kaiserin-Elisabeth-Kai 30 in Linz zur militärischen Musterung zu präsentieren. Im Falle des Scheiterns, dieser Aufforderung nachzukommen, wird er der Strafverfolgung nach den §§ 64 und 66 des Gesetzes über Militärdienst aus dem Jahre 1912 unterliegen.”

THE LITTLE DRUMMER BOY, SEITE 282

Das war kein Scherz. Dem österreichisch-bayerischen Auslieferungsvertrag von 1831 zufolge, konnte er verhaftet, in eiserne Ketten gelegt, ausgeliefert und den Behörden in Linz zwangsweise vorgeführt werden, wenn er dem Befehl nicht folgte. Hitler sprach also mit dem Offizier des Kommandos, Wachtmeister Herle, der eine Unterschrift für den Erhalt der Vorladung verlangte. Zur Erbauung des Wachtmeisters und seiner Truppe formulierte Hitler aus dem Stand eine improvisierte Entschuldigung:

„Ich hatte es verpasst, mich im Herbst 1909 zu registrieren, aber ich korrigierte dieses Versehen im Februar 1910. Zu dieser Zeit meldete ich mich im Amt des Bürgermeisters beim Wehrpflichtamt IB, die mich an meinen Wiener Heimatbezirk zurückverwiesen, den XX. Ich beantragte dort, mich der Musterung in Wien statt in Linz unterziehen zu dürfen, unterschrieb ein Protokoll oder Affidavit, bezahlte eine Krone und habe nie wieder von der Sache gehört. Ich habe weder daran gedacht, mich der Registrierung zu entziehen, noch ist dies der Grund für meinen Umzug nach München. Ich war immer bei der Polizei in Wien registriert, [FN 2] , genauso wie jetzt hier in München.“

THE LITTLE DRUMMER BOY, SEITE 283

[FN 2] Das war eine glatte Lüge; wir wissen, dass er vom 16, September 1909 bis zum 8. Februar 1910 nicht registriert war; eine Lüge, die er in dem Schreiben an die österreichischen Behörden (siehe unten) wiederholte – aber zum Glück überprüfte niemand die falsche Behauptung.

Die Österreicher müssen ihn schlichtweg vergessen haben, behauptete er, denn er war eindeutig kein Deserteur. Wir wissen nicht, was Wachtmeister Herle von der Geschichte hielt, aber aller Wahrscheinlichkeit nach war es nicht das erste Mal in seiner Karriere, dass ein Verdächtigen einen Fehler bei den Behörden behauptete. Die Geschichte, die Hitler ausgeheckt hatte, war klar faul in sich selbst, und vielleicht zählte er auf des bayerischen Offiziers Unkenntnis der österreichischen Militärgesetze; die europäischen Nationen dieser Zeit verfolgten die Lebensumstände ihrer potenziellen Rekruten sehr sorgfältig und “vergaßen” sie nicht einfach; die Erfordernis, dass jede Adressänderung registriert werden musste, war in der Tat genau für diesen militärischen Zweck erlassen worden.

Herle jedenfalls verhaftete Hitler und brachte ihn in die Münchner Polizeizentrale an der Löwengrube. Am nächsten Morgen wurde der Gefangene dann dem österreichischen Generalkonsulat präsentiert. Es scheint, dass er dort von einem Konsularbeamten oder vielleicht einen Rechtsassistenten unterstützt wurde, denn er durfte seinen Fall in einer schriftlichen Erklärung präsentieren. Dies war nicht das ganz normale Verfahren; vielleicht begann Hitlers Kaltblütigkeit zu wirken.

In der Zwischenzeit hatte er seine Geschichte überdacht. Zuerst behauptete er – wahrheitswidrig – dass er die Vorladung zu spät erhalten hatte; dann behauptete er, dass das Problem ein Fehler des Österreichers war, die ihn irrtümlich in Linz gesucht hatten, als er tatsächlich in Wien war, oder umgekehrt. Eloquent in seiner Entschuldigung und seltsam weinerlich im Ton, erinnert der Aufsatz, indem er sein mühseliges Leben in München beschreibt, den Leser an den schmeichlerischen Stils seines Vaters Brief an den Bischof von Linz in der Sache der geplanten Hochzeit mit seiner Nichte Klara. Ein glücklicher Zufall hat uns Hitlers Dokument erhalten, das einen Blick in dieses jungen Menschen Beunruhigung und Verdrusses erlaubt:

… In der Vorladung werde ich als Künstler bezeichnet. Ich trage diesen Titel zurecht, aber er ist nur relativ zutreffend. Ich verdiene meinen Lebensunterhalt als unabhängiger Maler, da ich völlig eines Einkommens beraubt bin (mein Vater war Beamter), und ich arbeite lediglich, um meine Ausbildung zu fördern. Nur ein kleiner Teil meiner Zeit kann für meinen Lebensunterhalt aufgewendet werden, denn ich strebe immer noch danach, meine Ausbildung zu einem architektonischer Maler zu vollenden.

Mein Einkommen ist daher sehr bescheiden, gerade genug um meine Kosten zu decken. Als Zeugnis dafür verweise ich Sie auf meine eingeschlossene Einkommensteuererklärung, und ich wäre dankbar, wenn sie mir zurückgegeben werden könnte. Man sieht, dass mein Einkommen um die 1200 Mark beträgt – eher mehr als ich wirklich verdiene – und dies bedeutet nicht, dass ich tatsächlich 100 Mark im Monat mache. Oh nein. …

Im Hinblick auf mein angebliches Versagen zur Meldung für den Militärdienst im Herbst 1909, muss ich bemerken, dass dies für mich eine unendlich bittere Zeit war. Ich war damals ein junger Mann ohne Erfahrung, ohne finanzielle Unterstützung von irgendjemand zu empfangen und zu stolz, um finanzielle Unterstützung von anderen zu akzeptieren, geschweige denn darum zu bitten. Ohne Unterstützung war ich auf meine eigenen Anstrengungen angewiesen, verdiente ich nur ein paar Kronen und oft nur ein paar Pfennige durch meine Arbeit, und das war oft zu wenig, um für ein Nachtlager zu bezahlen. Zwei Jahre lang kannte ich keine andere Herrin als Leid und Not, keinen anderen Begleiter als ewig nagenden Hunger. Ich kannte nie das schöne Wort Jugend.

Noch heute, fünf Jahre später, erinnere ich mich immer wieder an diese Erfahrungen, und trage deren Überreste in Form von Frostblasen an Fingern, Händen und Füßen. Und doch kann ich nicht jener Tage gedenken, ohne eine gewisse Freude darüber zu empfinden, dass ich diese Schikanen letztendlich überwunden habe. Trotz großen Mangels, in oft zweifelhafter Umgebung, hielt ich doch meinen Namen sauber, hatte ein untadeliges Verhältnis zum Gesetz, und besaß ein reines Gewissen – außer dass ich mich immer wieder daran erinnerte, dass meine Erfassung für den Militärdienst fehlgeschlagen war. Dies ist die eine Sache, für die ich mich verantwortlich fühle. Es scheint mir, dass ein moderates Bußgeld eine reichliche Strafe wäre, und natürlich werde ich diese gerne bezahlen.

Ich sende diesen Brief unabhängig von der Aussage, die ich heute im Konsulat unterzeichnet habe. Ich bitte, dass mir weitere Anweisungen durch das Konsulat übermittelt werden sollten und bitte Sie mir zu glauben, dass ich diese sofort erfüllen werde.

Alle meine Erklärungen in diesem Fall wurden von den konsularischen Behörden überprüft. Sie haben sich als sehr großzügig erwiesen und haben mir die Hoffnung vermittelt, dass ich in der Lage sein könnte, meine militärischen Verpflichtungen in Salzburg zu erfüllen. Obwohl ich es nicht wagen kann, dies zu hoffen, bitte ich, dass diese Angelegenheit für mich nicht übermäßig erschwert werde.

Ich beantrage, dass Sie dieses Schreiben zur Berücksichtigung annehmen und unterzeichne, respektvoll,

ADOLF HITLER

Künstler

München

Schleißheimer Straße 34/III

THE LITTLE DRUMMER BOY, SEITE 283 – 284

Dieser Brief ist ein früher und recht guter Einblick in den Geist einer Person, der einst ein professioneller Betrüger werden würde. Es ist nicht nur die schiere Verbiegung von Tatsachen die überrascht – es ist auch der Stil des Briefes; er zeigt, dass Hitler sehr genau wusste, was er zu schreiben hatte, und wie.

Der Brief verströmt das spezifische Aroma des Zeitalters, der servilen Weinerlichkeit, die einsetzt, wenn man ein Problem mit den Behörden hat. Der devote, manchmal arschkriecherische und manchmal schwatzhafte Ton ist, nach unseren heutigen Maßstäben, ein allzu offensichtlicher Versuch, Sympathie für seinen Antrag zu erwerben, im Angesicht eines Bürokraten, der die Macht hat, drastische Maßnahmen zu ergreifen. Es mag wohl wahr sein, dass Bürokraten damals im allgemeinen byzantinische Schmeichelei und vorausschauenden Gehorsam erwarteten von der Öffentlichkeit, der sie angeblich dienen (und die ihre Gehälter bezahlt), aber Hitlers Brief klingt fast so, als ob er versuchte den Adressaten zu veräppeln. Der Stil ist einerseits umständlich und andererseits vertraulich, manchmal auf unheimliche Weise intim – als ob er sich von einem selten gesehenen Onkel Geld leihen wolle.

Herausstechend jedoch ist seine Argumentation: schon bevor das Urteil gesprochen wird, appelliert er an ein höheres Gericht, dem flüchtigen Charakter der österreichischen Militärjustiz übergeordnet. Sein Verbrechen ist nicht Desertion, behauptet er, sein Verderben war Armut. Er wird eine sehr ähnliche Taktik des Bekenntnisses zu einem inexistenten Vorwurf elf Jahre später wiederum verwenden, in der Verhandlung über den “Beer Hall Putsch“. Genauso wie dann verkündet er jetzt seine Schuldlosigkeit; in den Worten von Robert Payne:

,„Ein höheres Gericht wird ihn für unschuldig erklären, denn sein einziges Verbrechen ist Armut; sein Name ist sauber, sein Betragen schuldlos, sein Gewissen frei. Er behauptet, dass es sein einziger Ehrgeiz im Leben ist, der österreichisch-ungarischen Monarchie zu dienen; aber wenn wir diesen Brief lesen, wissen wir bereits, dass er diese Monarchie und alle ihre Werke verachtet und nicht die geringste Absicht hat, ihren Aufträgen zu folgen.“

THE LITTLE DRUMMER BOY, SEITE 284

Seine Versuche , die Sympathien des konsularischen Personals zu gewinnen, waren offensichtlich erfolgreich: Der Konsul selbst sandte Hitlers Brief nach Linz, zusammen mit einem von ihm selbst verfassten, in dem er erklärte, dass sowohl er persönlich als auch die Münchner Polizei davon ausgehen, dass Hitler ehrlich war und die Registrierung durch einen Fehler verpasst hatte, nicht durch kriminelle Absicht. Darüber hinaus empfahl der Herr Konsul , dass man Hitler erlauben solle, sich dem militärische Prüfungsausschuss in der Grenzstadt Salzburg zu stellen , anstatt ihn zu verpflichten, den ganzen Weg nach Linz zu reisen. In seltener Großzügigkeit bezahlte das Konsulat sogar Hitlers Zugfahrkarte.

Das Militärkommando in Linz pflichtete bei, und am 5. Februar 1914 fuhr Hitler mit dem Zug nach Salzburg. In einer kurzen Untersuchung fanden die Ärzte Hitler sowohl für den Kampf als auch den Hilfsdienst untauglich und entließen ihn ohne weitere Verpflichtungen. Das war genau das, worauf Hitler gehofft hatte, und er kehrte mit leichterem Herzen zurück nach Schwabing und seinen Büchern und Gemälden. In „Mein Kampf“, behauptete er später, dass die lebhaften politischen Diskussionen in den Cafés und Biergärten seinen Verstand trainiert und seine Argumentationsweise verbessert hätten. Von größter Bedeutung, schrieb er, war sein gründliches Studium des Marxismus.

„Ich habe mich dann wiederum mit der theoretischen Literatur dieser neuen Welt befasst und versucht, Klarheit über ihre möglichen Auswirkungen zu erlangen, und diese dann mit den tatsächlichen Erscheinungen und Ereignissen verglichen, die es etwa im politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Leben hervorbringt. Jetzt wandte ich zum ersten Mal meine Aufmerksamkeit darauf, dieser Weltplage Herr zu werden .“

THE LITTLE DRUMMER BOY, SEITE 285

Es sind drei Überlegungen, die uns dazu bringen, die Richtigkeit dieser Aussage zu zweifeln. Da Hitler nie dem im Sinne „angestellt“ war, so wie ein Fabrikarbeiter angestellt ist, kann man bezweifeln, wie viel wirklich er von den Realitäten der Tarifverhandlungen verstand oder wusste, von der Unfallversicherung, den Entschädigungen für Unfälle, dem betrieblichen Gesundheitswesen oder Rentenplänen, diesen Brot- und Butter Aufgaben der Gewerkschaften. Zweitens: Zu dem Zeitpunkt, an dem er angeblich in der Studie des Marxismus “eintauchte”, lag die russische Oktoberrevolution oder jede andere kommunistische Revolution noch Jahre in der Zukunft, und kein Land in der Welt besaß eine sozialistische Regierung. So kann man sich fragen, wie genau Hitler sich seine Meinung über die „Welt-Plage“ gebildet hatte und wo die „tatsächlichen Phänomene und Ereignisse“ aufgetreten waren, die er, wie er sagte, beobachtet hatte. Es scheint viel wahrscheinlicher, dass diese Teile von „Mein Kampf“- nicht vor 1924 geschrieben – Übungen im Nachhinein darstellen und dass er die vorausschauende Hellsichtigkeit der Übel des Marxismus als Beweis seines politischen Genies verkaufte. Drittens ist es fraglich, wie viel freie Zeit, Malerei und Verkauf der Bilder ihm ließen und es liegen keine Bibliotheksausweise von ihm vor.

Aber er liebte München so sehr wie er Wien verachtete. Die Bürger hatten eine leichte Art des Lebens, er mochte den bayerischen Dialekt, den er als Kind in Passau gelernt hatte, und das rassische und lingualen Sammelsurium, das er in
Wien zu verabscheuen gelernt hatte, war völlig abwesend. Auch in dem sehr kalten Winter 1913/14, als er weniger Kunden als üblich auf den schneebedeckten Straßen und leeren Biergärten finden konnte, war er immer noch guter Dinge;
München leuchtete für ihn weiterhin. [„München leuchtet!“ war der Titel eines beliebten Kabarettprogramms.] Doch es ist klar, dass er nicht an dem sozialen oder politischen Leben der Stadt teilnahm; nicht ein einziges Dokument, keine Zeitung erwähnt seinen Namen. Mit Ausnahme von Rudolf Häusler kennen wir auch keine anderen Bekannten. In den letzten sechzig Jahren wurden alle Archive durchsucht: Wir haben zum Beispiel einen Brief von seinem Bekannten Fritz Seidl, den Hitler während des einen Jahres in der Pension von Frau Sekira in Linz getroffen hatte, in der ersten Klasse der Unterrealschule; aber nichts aus München – nicht einmal ein Foto. (19) In einem bekannten Absatz von „Mein Kampf“ lobte Hitler die Stadt:

Daß ich heute an dieser Stadt hänge, mehr als
an irgendeinem anderen Flecken Erde auf dieser Welt,
liegt wohl mitbegründet in der Tatsache, daß sie mit der
Entwicklung meines eigenen Lebens unzertrennlich ver-
bunden ist und bleibt; daß ich aber damals schon das Glück
einer wahrhaft inneren Zufriedenheit erhielt, war nur
dem Zauber zuzuschreiben, den die wunderbare Wittels-
bacherresidenz wohl auf jeden nicht nur mit einem rechneri-
schen Verstande, sondern auch mit gefühlvollem Gemüte ge-
segneten Menschen ausübt.

ADOLF HITLER “Mein Kampf”, 851 – 855 Auflage 1943, Seite 139
Oktoberfest um 1900

Aber als er in den Cafés saß und die Zeitungen las, kam er nicht umhin, über die neuesten internationalen Spannungen informiert zu werden. Der Balkan hielt die Schlagzeilen wiederum besetzt, wie damals 1912 und 1913, als es dort Krieg gab. In eines der literarisch eher ansprechenden Passagen von “Mein Kampf” beschreibt Hitler die besondere Atmosphäre Jahres 1914:

Schon während meiner Wiener Zeit lag über dem Balkan jene fahle Schwüle, die den Orkan anzuzeigen pflegt, und schon zuckte manchmal auch ein hellerer Lichtschein auf, um jedoch rasch in das unheimliche Dunkel sich wieder zuzückzuverlieren. Dann aber kam der Balkankrieg, und mit ihm fegte der erste Windstoß über
das nervös gewordene Europa hinweg. Die nun kommende
Zeit lag wie ein schwerer Alpdruck auf den Menschen, brütend wie fiebrige Tropenglut, so dass das Gefühl der herannahenden Katastrophe infolge der ewigen Sorge endlich zur Sehnsucht wurde: der Himmel möge endlich dem Schicksal, das nicht mehr zu hemmen war, den freien Lauf gewähren. Da fuhr denn auch schon der erste gewaltige Blitzstrahl auf die Erde nieder: das Wetter brach los, und in den Donner des Himmels mengte sich das Dröhnen der Batterien des Weltkrieges.

ADOLF HITLER “MEIN KAMPF”, 851 – 855 AUFLAGE 1943, SEITE 173

Die stetige Verschlechterung Europas internationaler Beziehungen seit etwa 1906 wird Gegenstand der folgenden Kapitel sein. Aber alle Berichte, die wir vom Juni und Juli 1914 besitzen, sind sich einig – in einer seltsamen Art und Weise – im Hinblick auf das perfekte Wetter, das so krass mit dem kontrastierte, was folgen sollte. In diesen langen Sommernächten verkaufte Hitler noch die Früchte von Pinsel und Bleistift in den Biergärten – es sei denn er war beschäftigt damit, das Glühen der Sonnenuntergänge zu malen. Aber er war allein in seiner Mansarde, in ein Buch vertieft, am Nachmittag des 28. Juni 1914, als seine Vermieterin die Treppe heraufgestürmt kam und sein Zimmer betrat, ohne an der Tür zu klopfen.

Weinend informierte Frau Popp ihren Mieter, dass früher an diesem Tag der Thronfolger des österreichischen Throns, Erzherzog Franz Ferdinand von Habsburg und seine Frau Sophie, von einem jungen Mann in Sarajevo, der Hauptstadt von Bosnien, ermordet worden waren. Der Täter war Gavrilo Princip, ein Anarchist mit mutmaßlichen Verbindungen zu Serbien.

Der Erzherzog, ein Neffe von Kaiser Franz Joseph, war drei Tage zuvor in Bosnien eingetroffen, um die jährlichen Militärmanöver zu inspizieren. Nach dem Abschluss der Übungen bestand der Prinz auf einem Besuch der bosnischen Hauptstadt, obwohl die lokale Verwaltung Warnungen vor einem Anschlag erhalten hatte. Ein halbes Dutzend Verschwörer, verteilt über die Hauptverkehrsstraßen der Stadt, hatte auf das Königspaar gewartet, aber es war nur pures Glück – bzw. Pech – dass Princip den offenen königlichen Wagen langsam rückwärts aus dem falschen Ende einer Einbahnstraße fahrend antraf. Er feuerte seine Pistole zweimal und tötete sowohl die Erzherzog als auch seine Frau.

Hitler lief die Treppe hinunter und gesellte sich zu den Massen, die sich auf den Straßen versammelten. In Wien belagerte ein Mob bereits die serbische Botschaft. Die Nachricht aus Sarajevo war die Sensation des Jahres.

Vorschau

Zum nächsten geplanten Beitrag über Hitlers Einrücken zur bayerischen Armee und seinen Dienst an der Westfront (ca. Februar 2020) haben wir einen ganz kurzen Filmausschnitt gefunden von der Vereidigung des Reserve-Infanterieregiments XVI (Regiment List) im Beisein des bayerischen Königs Ludwig III, den wir schon hier präsentieren:

Vereidigung des Regiments List

Chronologisch folgender Beitrag: Sarajevo, 28. Juni 1914 – Der letzte Tag Europas


© John Vincent Palatine 2015/19

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Der Hitlerputsch am 9. November 1923

Illustration aus der Nazi Zeitschrift Der Stürmer
Eine spätere Illustration aus der Nazi Zeitschrift “Der Stürmer”

Video über die Schauplätze des Putsches


Videomontage


Links zu Zeitgenössischen Zeitungsberichten aus der Österreichischen Nationalbibliothek:

Neues 8-Uhr Blatt

Reichspost Wien vom 9. November

Prager Tagblatt vom 10. November


Artikel auf der War-Documentary-Info Webseite


Alfred Rosenberg, Schriftleiter des “Völkischen Beobachters“, Hitler, und Dr. Friedrich Weber, Kommandeur des Freikorps “Bund Oberland” am 4. November, fünf Tage vor dem Putschversuch.

Wie es wohl Tradition bei dramatischen Begebenheiten und letzten Akten ist, hatte eine bleigraue Morgendämmerung den Tag des Putsches begrüßt; es war wieder kalt und vereinzelte Schneeflocken fielen auf die Bürgersteige. Das Morgenlicht hatte kaum die Kraft, die Tiefen des Bürgerbräukellers zu beleuchten, in welchem die Putschisten ein Frühstück aus altem Brot und Käse zu sich nahmen, den Resten des Buffets von gestern Abend.

Die Morgenstunden seitdem hatten keinen besseren Plan ergeben, als in die Innenstadt zu marschieren und an die Unterstützung der Massen zu appellieren. Die Uhr der Kirche schlug zwölf Uhr mittags, als die Sonne, wie eine milchige Scheibe, die Schichten des morgendlichen Nebels zu durchbrechen begann und die Versammlung der Truppen beleuchtete. Sie hatten das Blasmusik aus Mangel an Bezahlung verloren und ein Hauch von Endgültigkeit umgab die Versammlung.

München.- Versammlung der NSDAP im Bürgerbräukeller, etwa 1923
Abmarsch

Endlich wurde der Befehl zum Abmarsch gegeben. Die Vorhut bildete wieder einen Keil; wenn auch etwas zögerlich, bestehend aus Kriegsveteranen und Bannerträgern, die die Hakenkreuzbanner und die schwarzen und weißen Farben des Reiches trugen. In der zweiten Gruppe marschierte die Führung: Hitler wurde links von Ludendorff und rechts von Scheubner-Richter flankiert. An ihren Seiten gingen Hermann Kriebel, Ulrich Graf (Hitlers persönlicher Leibwächter), und Hermann Göring, der das modische Highlight der Prozession beisteuerte: er trug einen Stahlhelm mit einem großen weißen Hakenkreuz bemalt und einem schwarzen Ledermantel, unter dem der starke Kontrast des hellblau leuchtenden Pour Le Mérite nicht übersehen werden konnte. Hitler lehnte den Vorschlag von Göring, einige der verhafteten Stadträte als Geiseln mitzubringen, ab; Märtyrer für die Opposition zu schaffen, war nicht seine Absicht.

Plakat des Putsches

Hinter der Führung bildeten sich drei Gruppen, die jeweils zu viert nebeneinander marschierten. auf der linken Seite die Elite, eine Hundertschaft Hitlers Leibwächter in militärischer Ausstattung mit Gewehren und Handgranaten; in der Mitte das Münchner SA-Regiment, Gewinner vieler Bierkellerkämpfe und rechts der Bund Oberland, Oberst Kriebels Männer.

Hinter diesen paramilitärischen Outfits versuchte eine etwas inkongruente Ansammlung von Männern einen Anschein von antirepublikanischer Einheit zu bilden: ob diese Männer alte Uniformen trugen oder nicht, ob sie Waffen schwangen oder nicht, ob sie ausgebildet waren oder nicht, sie präsentierten als gemeinsames Kennzeichen ein Hakenkreuzband am linken Arm. Einige Infanterie-Kadetten, die dieser bunten Menge als Nachhut folgten, marschierten, leicht unterscheidbar, mit weitaus mehr Schmiss als die Zivilisten. Ein kurzer Appell ergab etwa zweitausend Mann, die langsam ihre Reihen schlossen und sich in Richtung der Ludwigsbrücke bewegten, um die Isar auf dem Weg in die Innenstadt zu überqueren.

Es war nur eine halbe Meile bis zum Fluss und zehn Minuten, nachdem sie abmarschiert waren, stand die revolutionäre Versammlung am Ufer der Brücke einem Zug der Staatspolizei gegenüber. Die Vorhut näherte sich langsam, als der Polizeiführer mit lauter Stimme, um ja nicht überhört zu werden, seinen Männern befahl, scharfe Munition zu laden. Er hatte den Befehl kaum beendet, als ein überraschender Angriff der SA sowohl die Polizei als auch die Putschisten in einen kurzen Kampf verwickelte; die nächste Minute sah die Polizeilinie überrannt und die Putschisten zogen weiter nach Nordwesten in Richtung Stadtmitte.

Der Marschweg: Von der Ludwigsbrücke aus ging es zum Isartor, durch das Tal zum Marienplatz und von dort aus durch die Dienerstraße und Residenzstraße zur Feldherrnhalle auf dem Odeonsplatz. Die gesamte Entfernung beträgt ca. 2,5 km.

Ihr Marsch führte sie durch das östliche Stadtviertel, wo sie von vielen Bürgern und Besuchern, die von den Gerüchten, die sich wie Lauffeuer verbreiteten, mobilisiert worden waren, mit Beifall begrüßt wurden. Der Tausendfüßler wuchs weiter, als müßige Zuschauer sich dem Zug anschlossen und Kinder um die Fahnenträger herumliefen als wäre der Zirkus in der Stadt. Die Männer machten den Verlust der Blaskapellen durch das Singen ihrer Lieblingshymnen gut; vielleicht nicht perfekt, aber mit viel Herz und vielleicht ein bisschen Angst.

Die Truppen passierten das Isartor, das alte östliche Stadttor, und drangen in das Tal ein, die Durchgangsstraße, die zum Marienplatz, dem Stadtzentrum, führte. Das Tal ist immer eine der am dichtesten befahrenen Straßen Münchens und dieser Tag war keine Ausnahme. Die Größe des Lindwurms war merklich angewachsen und als der Zug den Marienplatz, das Herz der Stadt, erreichte, war dieser dicht bevölkert mit Anhängern und Zuschauern. Die Menge unterhielt sich derweilen mit patriotischen Liedern und die Straßenbahnen der Linie 6 steckten hoffnungslos fest. Julius Streicher, der Herausgeber des berüchtigten Nazi-Blattes “Der Stürmer“, stand im Mittelpunkt des Platzes und hielt eine Rede.

Ankunft am Marienplatz
Ankunft am Marienplatz

Plötzlich zögerte der Tausendfüßler; als ob es Verwirrung darüber gäbe, wohin er sich wenden sollte. Oberst Kriebel, der den taktischen Befehl hatte, war nicht sicher, was er tun sollte, aber die Unentschlossenheit endete, als Ludendorff nach rechts in die Weinstraße abbog, die zum Odeonsplatz und zur Feldherrnhalle führte; an jenen Platz, wo Heinrich Hoffmann am 2. August 1914 die Momentaufnahme der jubelnden Menge mit Hitler in ihrer Mitte eingefangen hatte, die die Kriegserklärung feierten.

Alle folgten dem General. Kriebel sagte später, er habe nie darüber nachgedacht: “Wenn Ludendorff dorthin marschiert, gehen wir natürlich mit ihm.” (18)  Ludendorff selbst konnte sich nicht an eine bewusste Entscheidung erinnern: „Manchmal handelt man im Leben einfach instinktiv und weiß nicht warum ….“ (19)

Es ist weniger als eine halbe Meile (ca. 700 Meter) vom Marienplatz bis zum Odeonsplatz. Der Zugang zum Platz war von der Polizei abgeriegelt. Die nächsten sechzig Sekunden verliefen wie in Zeitlupe.

Münchner Stadtzentrum und Odeonsplatz
Münchner Stadtzentrum und Odeonsplatz

Wer genau, stand sich dann gegenüber, an diesem Morgen des 9. November 1923, dem Tag des Hitlerputsches, auf dem Odeonsplatz in München? Die Zahlen finden sich in Harold Gordons „Hitler and the Beer Hall Putsch“, Princeton University Press 1972, ISBN 0-691-10000-4, Seiten 270 – 272:

Die Putschisten konnten auf eine sehr beträchtliche Anzahl von Männern aus München zählen und wurden von Abordnungen aus weiten Teilen des südlichen Bayern verstärkt. Ebenso genossen sie den Vorteil der Unterstützung der Stadtbevölkerung. Viele der Mitglieder ihrer Organisationen und Anhänger waren jedoch kaum von unmittelbarem militärischem Wert. In Bezug auf die tatsächlich präsenten Truppen waren die Stärken in etwa wie folgt:

Putschisten:

SA der NSDAP

  • SA Regiment München – 1500 Offiziere und Mannschaften
  • Stoßtrupp Hitler – etwa 125 Offiziere und Mannschaften
  • SA-Einheiten aus Südbayern – etwa 250 – 300 Mann

Bund Oberland

  • 3 schwache Bataillone – vielleicht 2000 Offiziere und Mannschaften

Reichskriegsflagge

  • 2 Infanterieabteilungen, 1 Maschinengewehrabteilung und 1 Artillerie-Batterie – etwa 200 Offiziere und Mannschaften

Kampfbund München

  • circa 2 Infanteriekompanien – etwa 150 Offiziere und Mannschaften
    Der Kampfbund verfügte also, alles in allem, maximal über rund 4.000 bewaffnete Männer für den Einsatz in dem Putsch.
Ankunft der SA-Truppen aus dem Umland vor dem Bürgerbräukeller in München
Ankunft der SA-Truppen aus dem Umland vor dem Bürgerbräukeller in München

Ihnen standen die folgenden Regierungstruppen gegenüber:

(A) Bayerische Landespolizei

  • Blaue Polizei – Ordnungspolizei – etwa 250 Offiziere und Mannschaften
  • Landespolizei München mit:
  • Personal des Präsidiums und Stabes (Landespolizeiamt) im Armeemuseum (Armeemuseum, ¶)
  • Zentralregiment der Polizeidirektion München in der Ettstrasse
  • Erstes Bataillon (Erster Abschnitt) – etwa 400 Offiziere und Mannschaften (Quartier in der Residenz)
  • Zweites Bataillon (Zweiter Abschnitt) – etwa 400 Offiziere und Mannschaften (Hauptsitz in der Max II Kaserne, an der Ecke Leonrodstraße und Dachauerstraße)
  • Drittes Bataillon (Dritter Abschnitt) – etwa 400 Offiziere und Mannschaften (Maximilianeum und Türkenkaserne)
  • Etwa 1 motorisierte Abteilung (Kraftfahrbereitschaft) – etwa 75 Offiziere und Mannschaften (Türkenkaserne)
  • 1 Panzerwagen-Gruppe mit 12 veralteten Panzerwagen – etwa 75 Offizieren und Mannschaften (Türkenkaserne)
  • 1 Kommunikationstechnisches Bataillon (Türkenkaserne)
  • 1 Bataillon Landespolizei München Land [3] – etwa 400 Offiziere und Mannschaften (Max II Kaserne)
  • 1 berittene Aufklärungsstaffel (Streitstaffel) – etwa 50 Offiziere und Mannschaften (Max II Kaserne) (Außer diesen Einheiten in München selbst waren etwa zwei weitere Regimenter verfügbar, ein Bataillon an der Polizeivorschule in Eichstätt und verschiedene kleinere Einheiten im ganzen Staat verstreut)

(B) Reichstruppen

Im Hauptquartier des Wehrkreis VII und der Siebenten Infanteriedivision (Ludwig- und Schönfeldstraßen):

  • Erstes Bataillon, Neunzehntes Infanterie-Regiment – etwa 300 Männer (Oberwiesenfeldkasernenviertel)
  • Zentrale von Infanterieführer VII und Artillerieführer VII (Ludwig- und Schönfeldstraßen) – vielleicht 100 Mann
  • Siebtes Pionierbattalion – etwa 225 Offiziere und Mannschaften (Oberwiesenfeld, Pionierkaserne I und II)
  • Siebtes Nachrichtenbattalion – etwa 150 Offiziere und Mannschaften (Oberwiesenfeld, Nachrichtenkaserne)
  • Siebtes Motortransport-Bataillon, Hauptquartier und Erste Kompanie – etwa 100 Offiziere und Mannschaften
  • Siebtes Transportbataillon (Beritten), Hauptquartier und Erste und Zweite Kompanie – etwa 125 Offiziere und Männer
  • Siebtes Sanitätsbatallion
  • Fünfte Batterie des Siebenten Artillerie-Regiments – etwa 90 Offiziere und Mannschaften (Oberwiesenfeld)
  • Stadtkommandantur Hauptquartier (Armee-Museum) – circa. 50 Mann
  • Infanterieschule – etwa 350 Offiziere, Kadetten und Männer (Blutenburgstraße am Marsplatz) (Der Rest der Siebten Division und das Siebzehnte Kavallerie-Regiment unter dem Kommando von General von Lossow standen innerhalb 24 Stunden für den Einsatz gegen die Rebellen zur Verfügung, falls die Bahn weiterhin funktionierte), und
  • kleinere verstreute Einheiten der Stadtpolizei, Staatspolizei und der Polizei des Landkreises München.

Aus diesen Zahlen können wir die folgende Schlussfolgerung ziehen: in der schieren Anzahl von Menschen waren die rund 4000 Rebellen überlegen, um so mehr, da viele der Reichswehrsoldaten auf Stabskommandos waren oder auf anderen, nicht für Kampf vorgesehenen Positionen waren, sodass von den vielleicht 1500 theoretisch verfügbaren Männern nur vielleicht 800 einsatzbereit waren. Die Infanterie- und Pionierschulen waren nicht einmal unter bayerischem Befehl, sondern unterstanden Berlin.

Die beiden Gruppen standen sich nun, nur vielleicht zwanzig Meter auseinander, gegenüber.

Wo es geschah …

Am Odeonsplatz blockierte eine Linie der Stadtpolizei den Weg. Aber die Putschisten stürmten vorwärts und sangen: “0 Deutschland hoch in Ehren.” Frau Winifred Wagner sah aus ihrem Hotelzimmer herab, erstaunt ihr Idol Hitler zu sehen, der in der engen Residenzstraße neben Ludendorff marschierte. Auf der Straße war höchstens Platz für acht Personen in einer Linie.

Hitler hakte sich bei Scheubner-Richter ein, um sich auf Schwierigkeiten vorzubereiten, aber Ludendorff blieb frei stehen, in höchster Zuversicht, dass niemand auf ihn schießen würde. Direkt voraus befand sich ein Kordon der Staatspolizei unter Leutnant Michael Freiherr von Godin. Angesichts des herannahenden Pöbels rief Godin: “Zweite Kompanie, Marsch!” Die Staatspolizei rannte vorwärts, aber die Putschisten brachen nicht ab und stellten sich dem Feind mit vorgehaltenen Bajonetten und Pistolen. Godin benutzte sein Gewehr, um zwei Bajonettstöße zu parieren, als auf einmal ein Schuss krachte. Godin hörte die Kugel an seinem Kopf vorbeifliegen; sie tötete einen Wachtmeister. “Für einen Bruchteil einer Sekunde stand meine Kompanie wie eingefroren. Dann, noch bevor ich den Befehl erteilen konnte, eröffneten meine Männer das Feuer mit einer Salve.”

Eine Fotomontage des Hitlerputsches von Heinrich Hoffmann, dem Parteifotografen
Eine Fotomontage des Hitlerputsches von Heinrich Hoffmann, dem Parteifotografen

Die Putschisten erwiderten das Feuer und Panik brach aus, als sowohl die Marschierenden als auch die Zuschauer sich in Sicherheit brachten. Einer von den ersten, die fielen, war Scheubner-Richter, in die Lunge getroffen. Ein anderer war Graf, der vor Hitler gesprungen war, um das halbe Dutzend Kugeln abzufangen, die für ihn bestimmt waren. Beim Sturz umklammerte der Leibwächter Hitler und riss ihn so stark nach unten, dass sein linker Arm ausgerenkt wurde. Auf der anderen Seite half der zusammenbrechende Scheubner-Richter ebenfalls, Hitler auf den Bürgersteig zu ziehen. Ludendorffs treuer Diener, dem befohlen worden war, nach Hause zu gehen, blutete auf dem Asphalt. Sein Freund Aigner, der Diener des sterbenden Scheubner-Richter, kroch zu ihm. Er war tot. Jemand trat über Aigner. General Ludendorff marschierte aufrecht, seine linke Hand in der Jackentasche, in die Schusslinie. [5]

[5] Viele der ersten Berichte gaben dies so wieder; sie lobten Ludendorff für seinen Mut, auf den Beinen zu bleiben, und kritisierten Hitlers Ausweichen als Feigheit, obwohl er auf die Straße gefallen war und seine Armverrenkung klar darauf hindeutete, dass er niedergerissen wurde. Zweifellos hätte Hitler als erfahrener Frontsoldat natürlich Deckung auf dem Boden gesucht – Zeuge Robert Murphy bezeugte später: “Sowohl Ludendorff als auch Hitler verhielten sich exakt wie die erfahrenen Soldaten, die sie waren. Beide fielen flach, um dem Kugelhagel zu entgehen.“ Ein anderer Augenzeuge, ein Wachtmeister, bestätigte, dass sich auch Ludendorff auf den Boden warf und Deckung “hinter einer Leiche oder einem verwundeten Mann” fand. Ein zweiter Wachmann bekräftigte ebenfalls  die Tatsache, dass niemand nach der Salve noch stand. (21)

Als Hitler auf dem Boden lag und glaubte, er sei auf der linken Seite getroffen worden, versuchten die Kameraden, ihn abzuschirmen. Achtzehn Männer lagen tot auf der Straße: vierzehn Anhänger Hitlers und vier von der Staatspolizei. Nur die, die vorne in der Marschkolonne standen, wussten was passiert war. Die Menge, die sich dahinter erstreckte, hörte nur Explosionen wie von Feuerwerkskörpern, und dann ein Gerücht, dass beide, Hitler und Ludendorff getötet worden waren. Wer konnte, machte sich davon.

Ludendorff marschierte durch die Polizeikette in die Arme eines Leutnants, der ihn festnahm und ihn in die Residenz brachte [dem ehemaligen Stadtschloss der Wittelsbacher]. Hitler rappelte sich auf und hielt seinen verletzten Arm. Er war in Qualen, als er sich langsam von dem Schlachtfeld entfernte, blass und mit Haaren über dem Gesicht. Er wurde begleitet von Dr. Walter Schultze, Chef der Sanitätstruppe der Münchner SA, einem hochgewachsenen jungen Mann. Sie stießen auf einen kleinen Jungen, der stark blutend am Straßenrand lag. Hitler wollte ihn mitnehmen, aber Schulze rief dem Cousin seiner Frau zu – einem Botanikstudenten genannt Schuster – den Jungen zu versorgen.

Am Max-Joseph-Platz erreichten sie schließlich Hitlers alten grauen Selve 6-20, der mit medizinischen Hilfsgütern beladen war. Ein älterer Sanitäter namens Frankel setzte sich mit dem Fahrer auf den Vordersitz, während Hitler und der Arzt auf den Rücksitzen Platz nahmen. Schuster stand auf dem Trittbrett und hielt den verwundeten Jungen. Hitler befahl dem Fahrer zum Bürgerbräukeller zu fahren, damit er herausfinden konnte, was los war. Aber am Marienplatz kamen sie unter schweres Maschinengewehrfeuer und mussten mehrmals die Richtung wechseln. Sie fanden die Ludwigsbrücke blockiert und drehten um.

Selve 6-20

Zu dieser Zeit hatte der Junge das Bewusstsein wiedererlangt und Schuster stieg ab, damit er den Jungen nach Hause mitnehmen konnte. Das Auto fuhr weiter in Richtung Sendlinger Torplatz. Hier begegneten sie einem weiteren Feuerstoß in der Nähe des Alten Südfriedhofs. Da es unmöglich schien, zur Bierhalle zurückzukehren, blieb nichts anderes übrig als weiter nach Süden in Richtung Salzburg zu fahren.

Görings Pour-Le-Mérite Orden hatte ihn nicht gerettet und er lag mit einer Kugel in seinem Oberschenkel auf dem Gehsteig. Frau Ilse Ballin, die aus dem Haus gestürzt war, um den Verletzten zu helfen, fand ihn stark blutend. Mit der Hilfe ihrer Schwester schleppte sie die schwere Last ins Haus. Die Schwestern verbanden Görings Wunde und wollten gerade einen Krankenwagen rufen, als er sie bat, ihm zu helfen, zu einer Privatklinik zu gelangen. Er wollte die Entwürdigung einer Verhaftung nicht ertragen. Frau Ballin, die Frau eines jüdischen Kaufmanns, hatte Mitleid mit ihm, und so entkam er dem Gefängnis. (20)

Es besteht jedoch Anlass, einige Details des obigen – traditionellen -Berichtes zu bezweifeln, insbesondere die Geschichte des verwundeten Jungen. In den Jahren nach 1933 hatte die Hagiografie der Partei die Geschichte soweit ausgeschmückt, dass Hitler den Jungen in seinen eigenen Armen aus der Gefahr trug; eine Tat, die sich, angesichts seiner verrenkten Schulter, als veritables Wunder qualifiziert hätte. Niemand bot jemals eine vertrauenswürdige Bestätigung an und leider wurde der Junge nie gefunden. Darüber hinaus mag die Geschichte einer Flucht mit dem Auto durch einen Hagel von Maschinengewehrgeschossen vor allem die eher leichtgläubige Bevölkerung angesprochen haben.

Heinrich Himmler, mit Fahne, auf Posten vor der Armeekommandantur

Die Konsequenzen des Fehler Hitlers, die Macht des Staates herauszufordern, waren jedoch sofort klar: in weniger als einer Minute hatte sich die Revolution in einen Exodus verwandelt, die geplante nationale Kampagne war in einer einzigen Salve von Kugeln zusammengebrochen. Vier Jahre von Träumen, Verschwörungen und Aufregung waren für nichtig erklärt. Die zweitausend Männer der Putschistenkolonne waren nach der Salve fast vollständig geflohen; die Blume der Rebellion suchte ihr Heil in der Flucht.

Aufräumen

Das Aufräumen beschäftigte die Polizei den größten Teil des Tages; sie fanden Putschisten, die sich an so seltsamen Orten versteckten wie unter den Mehlsäcken einer Bäckerei, öffentlichen Toiletten auf Friedhöfen und etwa ein Dutzend in den Schränken einer Akademie für junge Frauen. Bis zum Abend wurden über hundert Verhaftungen gezählt. Die nachgeordneten Ebenen der Bewegung, die die Sicherheit des Bierkellers dem Risiko der Straße vorgezogen hatten, hatten keine Lust, ihr Schicksal mit einer verlorenen Sache in Verbindung zu bringen. Sie stapelten ihre Gewehre auf dem Boden, verließen den Keller und verschwanden in der Menge.

Gedenkplatte vor der Feldherrnhalle

Was geschah mit den anderen Abteilungen der Putschisten, die zurückgeblieben oder mit Sonderaufträgen unterwegs waren?

Zwischen dem Bürgerbräukeller und der Innenstadt hielt die SA-Einheit von Gregor Strasser immer noch die Ludwigsbrücke, unter den immer noch feindseligen Blicken der Polizei. Die Nachricht vom Fiasko am Odeonsplatz erreichte sie bald und informierte sie darüber, dass Ludendorff tot sei und Hitler verwundet und gefangengenommen worden sei. Gregor Strasser zeigte nun einige der Erfahrungen, die er im Krieg gesammelt hatte. Da er keine Ambitionen hatte, als Märtyrer einer gescheiterten Sache zu enden, führte er seine Männer in einen taktischen Rückzug, der flink genug war, dass die Polizei keine Lücke zum Angriff fand. Die Kolonne marschierte in Richtung des Ostbahnhofs, als sie an einem Waldstück vorbeikamen, wo sie eine Abteilung der Münchner SA trafen, die ihre Gewehre an den Bäumen zertrümmerten – ein Zeitvertreib, den Strasser sofort unterbrach. Die Waffen, sagte er, würden sie an einem anderen Tag brauchen. Als der Bahnhof in Sicht kam, schlossen sie die Reihen, schnappten sich einen Zug und verschwanden.

Eine andere flüchtige Abteilung der SA, die welche die Stadträte verhaftet hatte, war bereits an der Strasse angekommen, die in südöstlicher Richtung von München nach Salzburg und zur österreichischen Grenze führte. Etwa auf halber Strecke, bei einem Wald in der Nähe von Rosenheim, stoppte die Kompanie, und die Gefangenen wurden in den Wald geführt. Sie müssen wohl das Schlimmste angenommen haben und waren deshalb fast ekstatisch dankbar, als sie aufgefordert wurden, sich nur ihrer Kleidung, nicht ihres Lebens, zu entledigen. Die Putschisten kletterten in die feschen Anzüge der Exzellenzen, verschwanden ruckzuck und überließen die ehrenvollen Stadtväter ihren eigenen Gedanken. Die Polizei fand sie irgendwann und brachte sie in ihre Büros zurück.

Die Lage am Tegernsee, wohin die Abordnung von Rudolf Heß den bayerischen Ministerpräsidenten Eugen von Knilling und die anderen Geiseln aus dem Bürgerbräukeller gebracht hatte, erwies sich als katastrophal. Hess hatte die verehrten Diener des öffentlichen Wohls in einer Villa am See verstaut, leider einer ohne Telefon. Heß brach auf, um ein solches zu finden – um seinen Erfolg nach München zu berichten und um weitere Anweisungen zu bitten – aber als er wieder im Gebäude ankam, fand er es verlassen: die Geiseln hatten ihre Wachen überredet, sie nach München zurückzubringen. So verlor Heß nicht nur seine Geiseln, sondern auch den Lastwagen und fand sich vierzig Meilen südöstlich von München, ganz allein.

Auf dem Odeonsplatz hatte das örtliche Rote Kreuz inzwischen die zahlreichen Verwundeten in Krankenwagen verladen. Scheubner-Richters treuer Diener Aigner stellte den Tod seines Arbeitgebers und seines besten Freundes, Ludendorffs Kammerdiener, fest und übernahm es, die Familien zu informieren. Er erinnerte sich später:

Krank und völlig erschüttert war ich in unsere Residenz in der Widenmayerstraße zurückgekehrt.“ Frau Scheubner-Richter fragte, wo sich ihr Mann befand. Aigner log zuerst, aber sie bestand auf der Wahrheit. “Ich kann mich immer noch an ihre Worte erinnern: ‚Das ist schrecklich, aber so ist es, wenn man die Frau eines Offiziers ist.‘”(23)

Der einzige Mann, der momentan nicht im Bild war, war Putzi Hanfstängl. Kurz bevor die revolutionäre Kolonne den Bierkeller verlassen hatte, war er zu einer anderen geheimen Mission geschickt worden: die taktischen Bewegungen von Polizei und Reichswehr im Stadtzentrum zu beobachten und darüber zu berichten.

Wo nur eine Stunde zuvor große Mengen von Bürgern die Parteisprecher in den Innenbezirken umzingelt und sich in Scharen gefreut hatten, zeigten sich die Gesichter der Passanten jetzt zögerlich. Die Mehrheit der Bevölkerung, der Polizei, der Reichswehr und des Kampfbunds hatte gedacht, die Truppen- und Polizeieinsätze in der Innenstadt seien Teil der Vorbereitungen für den ‘Marsch auf Berlin’, aber das Verständnis der traurigen Realität löste jetzt Sorgen aus, und ein Gefühl der Sinnlosigkeit.

Die städtischen Polizisten rissen die von Hitler, Kahr, Lossow und Seisser unterzeichneten Proklamationen des letzten Abends von den Türen und Mauern der Häuser ab und ersetzten sie mit der neueren Anti-Putsch-Erklärung von Kahr. Das Wetter schloss sich der Tristesse an, mit zeitweiligen Schauern aus bleiernem Himmel. In den Büros des Völkischen Beobachters, wohin ich mich zurückgezogen hatte, sah es nicht besser aus. Die vorherrschenden Gefühle waren Verwirrung und Depression und Rosenberg charakterisierte die Stimmung mit den Worten “Die Geschichte ist vorbei.”

Ich stimmte ihm heimlich zu und begann darüber nachzudenken, was ich als Nächstes tun sollte; dann marschierte ich nach Hause. Ich war gerade angekommen, als das Telefon klingelte, und meine Schwester Erna mich aufgeregt darüber informierte, dass Sauerbruch (der berühmte Chirurg) gerade angerufen hatte und mir erzählte, dass Hitler mit Ludendorff und den Männern gerade das Bürgerbräu verlassen hatte und sie über die Ludwigsbrücke in das Tal marschierten.“ (24)

Hanfstängl verließ sein Haus in Richtung Brienner Straße, die ihn in die Stadtmitte führen würde, doch bald darauf traf er zahlreiche flüchtende Männer. Ihm wurde mitgeteilt, dass die Polizei geschossen hatte, dass Hitler, Ludendorff und Göring tot wären und der Tag in “Finis Germaniae” geendet hatte. (25) Er drehte sich auf den Fersen um, um wieder nach Hause zu gehen, traf aber auf halbem Weg Esser, Amann, Eckart und Heinrich Hoffmann, den Fotografen Hitlers, die in einem offenen Wagen die Straße entlang rasten. Hanfstängl schloss sich der Gruppe an, die sich in die Wohnung von Hoffmann zurückzog, welche, wie sie vermuteten, am sichersten vor polizeilicher Durchsuchung  war. Bei der Ankunft begannen sie Vorbereitungen für eine Flucht nach Österreich in der Hoffnung, dass jeder Mann für sich alleine weniger auffällig sein würde als eine Gruppe.

Und so kam es, dass Helene Hanfstängl an diesem Tag in der kürzlich erworbenen Datscha der Familie in Uffing, etwa vierzig Meilen südlich von München, nicht von ihrem Ehemann besucht wurde, sondern von Hitler, ihrem großen Bewunderer. Für den Moment hatte Dr. Schultze bei ihm eine verletzte Schulter diagnostiziert, die, wie er feststellte, in einem kleinen, fahrenden Auto sehr schwer zu behandeln war. Hitler wies den Fahrer an, nach Uffing zu fahren.

Eine Soiree im Hause Hanfstängl, Helene im hellen Kleid, ihr Mann am Klavier

Es kann ein bedeutsames Zeichen sein, wohin ein Mann sich wendet, wenn er verletzt oder bedroht ist; in welche Richtung er seine Hoffnung auf Zuflucht richtet. Man hätte vermuten können, dass Hitler Landshut oder Rosenheim erreichen wolle; Orte, an denen SA-Einheiten existierten und wo die Polizei in lokaler Gleichgültigkeit gegenüber der Staatspolizei sie hätte unterstützen können.

Aber in dieser existenziellen Krise suchte er Schutz bei der Frau, die er am meisten bewunderte und respektierte, und, möglicherweise, unerreichbar liebte; Helene Hanfstängl, der schönen, intelligenten und vernünftigen Prominenten aus New York; einer Frau, die von seinen kleinbürgerlichen, niederösterreichischen Wurzeln so weit entfernt war wie nur vorstellbar. Sie war derjenige, der er das Geheimnis um die persönlichen Gründe seines Antisemitismus anvertraut hatte, und er erschien ständig mit den dümmsten Entschuldigungen in der Stadtwohnung der Hanfstängls; dass er zu müde war, um in seine Wohnung in der Thierschstraße zurückzukehren, dass er auf ein wichtiges Telefonat warten musste (er hatte keins in seiner Bude), oder dass jemand von der Straße ihn zu treffen suchte und bald klingeln würde. Für den Rest seines Lebens war Helene ein bevorzugtes Thema seiner privaten Gespräche. Ein alter Mitarbeiter erinnerte sich einmal daran, dass “er pausenlos über die Übel des Rauchens, Freude am Autofahren, Hunde, die Herkunft von Tristan und Isolde, die Schönheit von Frau Hanfstängl und über Juden laberte“.

Uffing

Die Flüchtlinge erreichten einen kleinen Wald am Rande des kleinen Dorfes Uffing, wo sie beschlossen, das Auto stehenzulassen. Sie gingen zu Fuß zum Häuschen der Hanfstängls, wo sie am späten Nachmittag ankamen. Frau Hanfstängl zeigte keine Überraschung über den plötzlichen Besuch und bewies sogleich, dass sie außer einer Halbgöttin auch eine praktische Frau war. Sie fütterte die Gesellschaft, half Dr. Schulze bei der provisorischen Fixierung von Hitlers Schulter und schickte ihre Gäste früh ins Bett.

Die Genossen fühlten sich immer noch kaum ausgeruht, als der Morgen dämmerte. Niemand hatte gut geschlafen, entweder aufgrund der Schmerzen, wie in Hitlers Fall, oder wegen der Spannung und Angst, mit der sie jede Minute das Auftauchen der Polizei erwarteten. Nach dem Frühstück bat Hitler den Sanitäter, mit dem Zug nach München zurückzukehren, die Bechsteins zu finden und sie zu bitten, ihre Limousine zu schicken, um ihn diskret abzuholen. Dr. Schulze wurde gebeten, das Fluchtfahrzeug nach München zurückzufahren und einen medizinischen Bekannten, einen Assistenten des berühmten Professors Dr. Sauerbruch, um Hilfe zu bitten. Wenn irgend möglich, sollte er ihn nach Uffing bringen, um Hitlers Arm zu versorgen.

Nach dem Abzug der beiden Ärzte versuchte Hitler, seiner Gastgeberin zu versichern, dass ihr Mann in Sicherheit sei [er hatte keine Ahnung, wo er war], und machte sich Sorgen, was mit seinen Kameraden passiert wäre. Falls er in dieser Nacht etwas Schlaf fand, wurde er jedenfalls gleich am nächsten Morgen durch das ohrenbetäubende Gebimmel der nahe gelegenen Kirchglocken aus dem Bett gerissen. Es war Sonntag, der elfte November 1923.

Hitler erschien erst beim Mittagessen. Wegen der Schlinge um seinen Arm konnte er seinen Anzug nicht tragen und hatte Hanfstängls riesigen dunkelblauen Frottee-Bademantel um sich gelegt. Es brachte ein Lächeln in sein hageres Gesicht. Er fühle sich fast wie ein römischer Senator, sagte er und erzählte Helene die Geschichte, wie sein Vater ihn einmal als “Toga-Boy” verspottet hatte. Im Laufe des Nachmittags wurde er unruhig und ging im Wohnzimmer auf und ab. In Bezug auf das Auto der Bechsteins wurde er immer ungeduldiger. Warum die Verzögerung? Es war nur eine Frage von Stunden, vielleicht Minuten, ärgerte er sich, bevor man seine Spur nach Uffing verfolgen würde. In der Abenddämmerung bat er Helene, die Fensterläden zu schließen und die Vorhänge zuzuziehen, dann setzte er sein grüblerisches Herumspazieren fort.” (26)

Die Polizei kam am nächsten Tag, Montag. Ernst Hanfstängl schrieb:

Zuerst kamen sie, um den Bauernhof meiner Mutter, außerhalb des Dorfes, eine gute Stunde lang zu durchsuchen; sogar in das Heu im Dachboden und in die Plumeaus auf den Betten wurden Bajonette hineingestochen. Mein Haus stand klar unter Beobachtung und Hitler wurde bewusst, dass eine Flucht unmöglich war. (27)

Die Konsequenzen, die Hitler aus der Anwesenheit der Polizei zog, waren, wenn wir der Erzählung von Herrn Hanfstängl glauben können, wahrscheinlich dazu geeignet, ein großartiges, wenn auch blutiges Finale zu zelebrieren. Hier müssen wir eine Minute abschweifen. Vor langer Zeit hatte Hanfstängls Musiklehrer in Harvard, Professor Marshall, seinen Schüler zu einem Abendessen im St.-Botholph-Club in Boston eingeladen, und zwar an jenem Abend, an dem ein Gastredner, ein Polizeibeamter aus Boston, eine grundsätzliche Einführung  zu Jiu-Jitsu, der Kunst der japanischen Selbstverteidigung, abhielt.

Als Demonstrationsobjekt des Dozenten ausgewählt, zeigte der Beamte mir einen nützlichen Trick, um einen im Besitz eines Revolvers befindlichen Angreifer zu entwaffnen, eine Bewegung, die ich – Jahre später – meiner Frau beibrachte. … Dann, am Abend des 11. November, stoppten vor der Hütte in Uffing zwei Polizeilastwagen voll grüner, uniformierter Staatspolizei – das Verhaftungskommando. Als meine Frau die Treppe zum Dachboden hinaufeilte, wo Hitler sich versteckt hielt, traf sie ihn im winzigen Vorzimmer mit einer Waffe an . “Dies ist das Ende!”, Schrie er. „Wollen mich diese Schweine verhaften? Da bin ich lieber tot!“ Doch bevor er seinen Plan umsetzen konnte, wendete meine Frau den Jiu-Jitsu-Trick des Bostoner Bullen an, und der Revolver flog in einem hohen Bogen in ein großes Mehlfass, wo er sofort verschwand. (28)

In einem Fragment ihres Tagebuches beschrieb Frau Hanfstängl die Geschichte wie folgt:

Hitler und seine Gefährten stiegen aus und versteckten sich im Wald, während der Chauffeur den Defekt zu beheben suchte. Bald stellte sich heraus, dass man einen Mechaniker benötigen würde. Die drei Männer konnten es sich nicht leisten gesehen zu werden, da sich die Nachricht von den Ereignissen in München auch auf dem Lande wie ein Lauffeuer verbreitete. Sie versteckten sich im Wald. Hitler dachte an unser Haus und sobald es dunkel war, machten sie sich auf den Weg. Auf dem langen, mühsamen Marsch vermied man Hauptstraßen und wählte versteckte Pfade. Da wir einen Seiteneingang haben, blieb ihre Ankunft unbemerkt. Ich holte sie ins Haus, sperrte ab und führte sie in den ersten Stock. Hitler beklagte den Tod seiner Mitstreiter Ludendorff und Ulrich Graf, die, wie er glaubte, an seiner Seite gefallen waren. Graf hatte, als die ersten Schüsse fielen, Hitler mit seinem Körper geschützt, im Fallen seinen Arm ergriffen und dabei verletzt.”  [Am nächsten Tag] … “Kurz nach 5 Uhr nachmittags läutete das Telefon. Es war meine in der Nähe wohnende Schwiegermutter, die uns, bevor sie unterbrochen wurde, hastig erzählte, dass bei ihr eine Hausdurchsuchung stattfinde. ‘Jetzt ist alles verloren!’ rief Hitler. Mit einer schnellen Bewegung ergriff er seinen Revolver, den er auf einem Schrank abgelegt hatte. Ich reagierte sofort, ergriff seinen Arm und nahm die Waffe an mich. ‘Wie können Sie beim ersten Rückschlag aufgeben? Denken Sie an Ihre Anhänger!’ Während er in einen Sessel sank, versteckte ich den Revolver in einem Behälter Mehl. Dann holte ich Papier und Füllfeder und bat ihn, solange noch Zeit wäre, Instruktionen zu verfassen – ein Blatt für jeden sollte genügen.” [1]

Dann begann die Göttin Hitler auszuschimpfen, als wäre er ein Schüler; sie erinnerte ihn an seine Pflichten – seine Männer, die Partei und die Leute – und bot an, sich schnell Notizen zu machen, wenn er seinen engsten Anhängern Nachrichten senden wolle, bevor die Polizei oben ankam. Hitler besann sich auf seine Pflichten, dankte ihr aufrichtig und begann, eine kurze Botschaft an seine Männer zu diktieren.

Rosenberg sollte als geschäftsführender Vorsitzender der NSDAP mit Amann als seinem Stellvertreter fungieren, der auch die Geschäfts- und Finanzangelegenheiten leiten sollte; und zusammen mit Julius Streicher und Hermann Esser ein Quadrumvirat bilden, das sich bis auf Weiteres um die Aktivitäten der Partei kümmern solle. Er ernannte den Ehemann der Göttin zum Hauptbevollmächtigten für die Beschaffung künftiger Beiträge und Spenden, ohne zu wissen, dass dieser gerade auf dem Weg nach Österreich war. Nachdem Frau Hanfstängl all dies notiert und im Mehlfass versteckt hatte, ging sie hinunter, um die Türklingel zu beantworten.

Die Geräusche von Polizeiautos, gebrüllte Kommandos und das Bellen von Hunden erfüllten die Luft des ruhigen Dorfes. Ein Trio von Polizisten erschien schließlich vor der Haustür des Hanfstängl und durfte eintreten. Helene führte die Männer nach oben in das kleine Wohnzimmer, öffnete die Tür und enthüllte Hitler, der noch in Hanfstängls Badekleidung gekleidet war. Ohne viel Aufhebens nahmen die Polizisten ihn in Gewahrsam; so glücklich, endlich ihre Beute gefunden zu haben, dass sie vergaßen, das Haus zu durchsuchen. Sie packten ihre Gefangenen in einen Lastwagen und fuhren sofort nach Weilheim, der Hauptstadt des Regierungsbezirks.

Es war fast zehn Uhr nachts, als sie am dortigen Amtsgericht ankamen, wo Hitler offiziell angeklagt wurde. Es wurde festgestellt, dass hinreichende Gründe vorlagen, ihn wegen Hochverrats anzuklagen. Der Gefangene solle sofort in das Gefängnis von Landsberg überstellt werden, einer kleinen Stadt etwa vierzig Meilen westlich von München. (29)

Ab dem 8. 11. 1933 hielten die Nazis eine jährliche Gedenkfeier ab.

(18) (19) (20) (22) [5] (23) (26) (29) John Toland, Adolf Hitler, Anchor Books 1976, ISBN 1992 0-385-42053-6, Seiten 169 – 176

(24) (25) (27) (28) Ernst Hanfstängl, Zwischen Weißem und Braunem Haus, Piper Verlag, München, 1970, ISBN 3-492-01833-5, Seiten 5-6, 143 – 149

[1] Christoph Schwennike, Süddeutsche Zeitung, 28/29.04.2007

(Übersetzungen und © John Vincent Palatine 2015/19)

Weiter: Im Gefängnis Landsberg

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